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Säuren und Laugen: Was tun bei Unfällen mit Chemikalien?

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Man muss nicht im Chemielabor arbeiten, um sich mit Säuren oder Laugen zu verletzen. Man muss nicht im Chemielabor arbeiten, um sich mit Säuren oder Laugen zu verletzen. © iStock.com/Gwengoat
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Um sich mit Säuren oder Laugen zu verletzen, muss man nicht im Chemielabor arbeiten. Bereits ein Rohrreiniger kann problematisch werden. Die Dekontamination der Haut steht an erster Stelle, je nach auslösender Chemikalie gibt es aber auch spezielle Maßnahmen.

Bei Verätzungen durch Säuren oder Laugen sollte als Erstes die Kleidung über dem betroffenen Areal entfernt werden. Anschließend muss die Haut gründlich gespült werden – mindestens zwanzig Minuten unter laufendem Wasser, bis ein neutraler pH-Wert erreicht wird, heißt es in der neuen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin. Die erfolgreiche Dekontamination kann anschließend mit einer Kontrolle des pH-Werts bestätigt werden. Blasen sollten in der Klinik eröffnet werden, um die schädigenden Agenzien sicher zu entfernen.

Wenn die genaue Substanz bekannt ist, sollte man sich bei der Behandlung nach den Anweisungen des Herstellers bzw. der Giftnotrufzentrale richten. Für die folgenden sieben Substanzen empfehlen die Leitlinienautoren eine besondere Dekontamination:

Natriumoxid reagiert bei Kontakt mit Wasser exotherm unter Bildung von Natriumhydroxid. Deshalb sollten kontaminierte Areale besonders lange und gründlich mit kaltem Wasser gespült werden.

Natriumhypochlorit wird vor allem zum Bleichen und Desinfizieren (z.B. in Schwimmbädern) eingesetzt. Die Verbindung ist stark basisch und führt zu Gewebsverflüssigung. Betroffene Areale sollten rasch mit Seife abgewaschen und anschließend gründlich gespült werden.

Weißer Phosphor ist stark lipophil, brennt schon bei 30 °C und führt zu ausgedehnten Verbrennungen. Nach einem Kontakt mit weißem Phosphor empfiehlt die Leitlinie die sofortige Spülung mit kaltem Wasser und danach ein chirurgisches Débridement. Außerdem ist zu bedenken, dass Phosphor auch eine systemische Toxizität entfaltet in Form einer Hypokalzämie und Hyperphosphatämie. Sicherheitshalber wird ein EKG- und Elektrolyt-Monitoring über mehrere Tage empfohlen.

Gefährliche Verletzungen drohen auch bei Kontakt mit Flusssäure, denn die Fluorid-Ionen dringen tief ins Gewebe ein. Das kann zu Nervendepolarisierung und Osteolysen führen. Auch Elektrolytentgleisungen samt kardialen Arrhythmien sind möglich. Umso wichtiger ist es deshalb, sofort ausgedehnt zu spülen, über eine Dauer von mindestens 20 Minuten. Die betroffene Läsion sollte mit Kalziumglukonat-Gel behandelt und mit Kalziumglukonat unterspritzt werden. Außerdem empfiehlt die Leitlinie eine kardiale Überwachung nebst Elektrolytkontrollen und – bei Defiziten – eine frühzeitige Substitution.

Phenol ist stark lipophil und kann zu schweren systemischen Effekten führen. Im Vordergrund steht eine sofortige Reinigung – am besten unter fließendem Polyethylen-Glykol.

Der Kontakt mit Chromsäure kann die Niere schädigen. Nach der Dekontamination mit Wasser raten die Verbrennungsexperten zum Auftragen von Phosphat, bei Bedarf sollte eine rasche chirurgische Behandlung erfolgen.

Kalziumoxid, ein Hauptinhaltsstoff des Zements, wandelt sich bei Kontakt mit Wasser in das alkalische Kalziumhydroxid um. Deshalb sollte man Zement nicht abwaschen, sondern rasch abbürsten. 

Quelle: S2k-Leitlinie „Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen“, AWMF-Register Nr. 044-001, www.awmf.org