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Brustkrebs Mammakarzinomscreening: One-Size passt nicht allen

Autor: Dr. Judith Lorenz

Aktuell wird beim Mammakarzinomscreening nicht berücksichtigt, dass verschiedene ethnische Gruppen eine unterschiedliche Brustkrebsmortalität aufweisen. Aktuell wird beim Mammakarzinomscreening nicht berücksichtigt, dass verschiedene ethnische Gruppen eine unterschiedliche Brustkrebsmortalität aufweisen. © melita – stock.adobe.com
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Ist das gegenwärtige Mammakarzinomscreening-Konzept mangelhaft? Das Sterberisiko einer Brustkrebspatientin hängt offenbar erheblich von ihrer ethnischen Abstammung ab, was allerdings im aktuellen Screeningprozedere nicht berücksichtigt wird.

Die aktuell gültigen Leitlinien zum Mammakarzinomscreening berücksichtigen nicht, dass verschiedene ethnische Gruppen eine unterschiedliche Brustkrebsmortalität aufweisen. Beispielsweise haben schwarze Frauen trotz ähnlich hoher Mammakarzinominzidenz eine um 40 % höhere Sterberate als weiße Amerikanerinnen. Besonders hoch ist die Mortalität von schwarzen Patientinnen unter 50 Jahren. Das gegenwärtige Konzept, alle Frauen ab 50 zum Mammakarzinomscreening einzuladen, ist deshalb laut Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. ­Tianhui ­Chen vom Zhejiang Cancer Hospital in Hangzhou weder gerecht noch optimal. 

Die Forschenden wollten klären, wie sich die ethnisch bedingten Mortalitätsunterschiede am besten durch das Screeningprozedere abbilden lassen – und in welchem Alter Frauen unterschiedlicher Abstammung jeweils optimalerweise zur Reihenuntersuchung eingeladen werden sollten. Im Rahmen einer populationsbasierten Querschnittsstudie analysierten die Kolleg:innen die Daten von 415.277 Patientinnen, die zwischen 2011 und 2020 in den USA an einem invasiven Mammakarzinom gestorben waren. Anhand der kumulativen Zehn-Jahres-Brustkrebsmortalität berechneten sie anschließend, in welchem Alter bei den verschiedenen ethnischen Gruppen das risikoadaptierte Mammakarzinomscreening begonnen werden sollte. 

Ethnizitäten der Patientinnen

Die Studienpopulation umfasste 74,6 % Weiße, 15,1 % Schwarze, 6,9 % Frauen mit hispanischer Abstammung und 2,9 % mit Vorfahren aus Asien oder von den Pazifikinseln. Weitere 0,5 % stammten von den Ureinwohnern Amerikas oder Alaskas ab.

Brustkrebsmortalität korreliert mit ethnischer Abstammung

Die Brustkrebsmortalität im Alter zwischen 40 und 49 Jahren variierte erheblich zwischen den einzelnen ethnischen Gruppen: Unter den schwarzen Frauen verzeichneten die Forschenden pro 100.000 Personenjahre 27 Todesfälle, bei den weißen Amerikanerinnen 15 und in der Gruppe der übrigen Ethnizitäten 11 Todesfälle. Für die gesamte weibliche US-Bevölkerung errechnete sich eine kumulative Zehn-Jahres-Brustkrebsmortalität von 0,329 %, wenn das Screening mit 50 Jahren begonnen wird. Schwarze Frauen erreichen diese Risikoschwelle allerdings schon im Alter von 42 Jahren, weiße Amerikanerinnen dagegen erst mit 51 Jahren. Teilnehmerinnen hispanischer Abstammung sowie diejenigen mit Vorfahren bei den Ureinwohnern Amerikas oder Alaskas überschritten die Schwelle mit 57 Jahren und Frauen mit Vorfahren aus Asien oder von den Pazifikinseln sogar erst mit 61 Jahren.

Angesichts dieser Ergebnisse sprechen sich die Wissenschaftler:innen für ein risikoadaptiertes Brustkrebsscreening aus. Sie fordern die gesundheitspolitischen Entscheidungsträger:innen dazu auf, zu prüfen, ob das Screeningstartalter in Abhängigkeit von der ethnischen Abstammung gewählt werde sollte. Sie gehen davon aus, dass insbesondere schwarze Frauen unter prognostischen Aspekten von dieser Strategie profitieren würden.

Quelle:
Chen T et al. JAMA Netw Open 2023; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.8893