Infektionsdiagnostik im Schnellverfahren STI-Schnelltests: HIV, HCV & Syphilis früh erkennen

Autor: Dr. Vera Seifert

Schnelltest ermöglichen einen niedrigschwelligeren Zugang, haben aber oft auch ihre diagnostischen Grenzen. Schnelltest ermöglichen einen niedrigschwelligeren Zugang, haben aber oft auch ihre diagnostischen Grenzen. © Innovative Creation - stock.adobe.com

Point-of-Care-Tests revolutionieren die Früherkennung von HIV, HCV und Syphilis. Wissenschaftlich validiert, ermöglichen sie schnelle Diagnosen und senken das Übertragungsrisiko spürbar.

Für einige sexuell übertragbare Infektionen stehen inzwischen zuverlässige Point-of-Care-Tests zur Verfügung, teilweise als Selbsttest. Andere STI-Schnelltests erfüllen derzeit nicht die geforderten Standards. Im Folgenden wird der aktuelle Stand für fünf verschiedene Infektionskrankheiten zusammengefasst.

Point-of-Care-Tests (PoCTs) werden außerhalb von Labors in einer niedrigschwellig erreichbaren Einrichtung oder zu Hause durchgeführt. Seit März 2020 muss dafür auch kein Arzt anwesend sein. Das Ergebnis liegt innerhalb weniger Minuten, spätestens nach zwei Stunden vor, schreiben Viviane Bremer, Robert Koch-Institut Berlin, und ihr Team. Man erhofft sich von diesen Schnelltests, dass mehr Menschen ein solches Angebot mit nur einem notwendigen Termin nutzen. So könnte die eventuell nötige Therapie frühzeitig beginnen und das Risiko der Übertragung der STI (sexual transmitted infection) auf Kontaktpersonen würde sinken.

2023 hat man in Deutschland 2.200 neue HIV-Infektionen, 22.875 Fälle von Hepatitis B (HBV), 10.512 Fälle von Hepatitis C (HCV) und 9.128 Syphilisinfektionen registriert. Schätzungsweise 8.200 Personen waren Ende 2023 mit HIV infiziert, ohne dass sie eine Diagnose erhalten hatten. Mit Point-of-Care-Tests könnte man dem globalen Ziel der WHO, bis 2030 Aids und Hepatitis zu eliminieren und STI-Infektionen substanziell zu vermindern, näherkommen.

Meist handelt es sich bei den PoCT um sogenannte Lateral-Flow-Assays (LFA). Diese Technik kam auch bei den Selbsttests auf SARS-CoV-2 zum Einsatz. Das Ergebnis liegt innerhalb weniger Minuten vor. Die Tests sind einfach zu handhaben und auch von medizinischen Laien durchführbar. Bei positivem Befund muss aber das Ergebnis in einem medizinischen Labor durch Antigentests, Immunoblots oder Nukleinsäureamplifikationstests (NAT) überprüft werden.

HIV

Zum Nachweis einer HIV-Infektion sind in Deutschland sechs Selbsttests mit CE-Kennzeichnung verfügbar, die Antikörper nachweisen. Das heißt, sie erfüllen die EU-Anforderungen an Sicherheit und Leistungsfähigkeit. Vorsicht: Im Netz werden auch Tests ohne CE-Siegel angeboten, die aber nicht benutzt werden dürfen. Ab dem Zeitpunkt der Ansteckung kann es allerdings bis zu acht Wochen dauern, bis die PoCTs die Infektion nachweisen können, bei Einnahme einer PrEp sogar noch länger. Auf ein negatives Ergebnis darf sich ein Patient oder eine Patientin erst nach zwölf Wochen sicher verlassen. Labortests dagegen verfügen auch über eine Antigenkomponente, was die diagnostische Lücke verkürzt.

Hepatitis C

Auch für Hepatitis C stehen PoCTs zur Verfügung: Vier Antikörpertests mit Blut weisen eine hohe Sensitivität und Spezifität (jeweils über 99 %) auf. Ein weiterer Test mit Abstrichmaterial aus der Mundhöhle hat eine etwas niedrigere Sensitivität. Allerdings lässt sich nicht zwischen ausgeheilter und frischer Infektion unterscheiden. Dazu braucht man den direkten Virusnachweis über das Labor, bei dem die Menge an viraler RNA bestimmt wird. Da ein Drittel der akuten HCV-Infektionen spontan ausheilt und sich chronische Infektionen gut behandeln lassen, ist der Nutzen von PoCTs nicht mehr so groß.

Gonokokken, Chlamydien,  Mykoplasmen, Syphilis

Die Schnelltests auf Gonokokken-Antigen sind derzeit noch zu ungenau, ihre Sensitivität und Spezifität liegt zwischen 12,5 % und 94 % bzw. 89 % und 99,8 %. Den Goldstandard der Diagnostik stellen NAT dar. Auch davon gibt es PoC-Varianten, die wesentlich zuverlässiger sind. Bei positivem Ergebnis sollte man eine Kultur mit einem Abstrich anlegen, um Antibiotikaresistenzen zu testen.

Antigenbasierte Schnelltests auf Chlamydien sind ebenfalls nicht zuverlässig genug, zumindest was die Sensitivität angeht. Eine Ausnahme stellt der aQcare-Chlamydia-TRF-Test dar. Ansonsten sollte man PoC-NAT bevorzugen. Zur Detektion von Mykoplasma genitalium haben sich PoCTs bisher nicht etablieren können, weil sich der Keim mit den Labortests ausreichend schnell (24–48 h) nachweisen lässt. Zur Diagnostik einer Syphilis sind ebenfalls sehr zuverlässige PoCTs, die Antikörper nachweisen, auf dem Markt. Auch hier gilt: Bei positivem Resultat nachtesten, da PoCTs nicht zwischen ausgeheilter (Seronarbe) und aktiver Infektion unterschieden können!

Wie sich die Aufhebung des Arztbedarfs auf die Point-of-Care-Tests auswirkt, untersuchten Annabelle Cremer, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, und ihr Team in einer Querschnittsbefragung. 286 Einrichtungen der Drogenhilfe, der Deutschen Aidshilfe und des öffentlichen Gesundheitsdienstes nahmen daran teil. Nach der Gesetzesänderung im März 2020 führten 28 % der Einrichtungen Schnelltests durch nichtärztliches Personal neu ein. Existierte bereits ein Angebot mit PoCTs, nutzten deutlich mehr Einrichtungen die Möglichkeit (56 %) der Testung durch nichtärztliches Personal als Einrichtungen ohne entsprechende Erfahrung (14 %). Die durchschnittliche Anzahl an HIV-, HCV- und Syphilis-Tests stieg an, nicht aber die Zahl positiver Tests. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass es zusätzliche mobile Testangebote im Rahmen von Hausbesuchen und niedrigschwellige Bestätigungstests geben müsse, um die Diagnoseraten zu erhöhen und Zielgruppen besser zu erschließen.

Quelle: 1.Bremer V et al. Bundesgesundheitsbl 2025; 68: 1185-1193; doi: 10.1007/s00103-025-04067-9
2.Cremer A et al. Bundesgesundheitsbl 2025; 68: 1194-1203; doi: 10.1007/s00103-025-04113-6