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Dysphonien Stimme zu tief, zu hoch oder nicht mehr vorhanden?

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Die Ursachen von Stimmstörungen können Menschen jeden Alters ­befallen und sogar lebensbedrohlich werden. Die Ursachen von Stimmstörungen können Menschen jeden Alters ­befallen und sogar lebensbedrohlich werden. © peterschreiber.media – stock.adobe.com
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Stimmstörungen können Menschen jeden Alters ­befallen und sogar lebensbedrohlich werden. Die Ursachen reichen vom Schreiknötchen über das Reinke-Ödem der Raucher bis zur Präkanzerose.

Stimmlippenzysten

Diese schleim- oder flüssigkeitsgefüllten Veränderungen können sich überall im Pharynx oder Larynx bilden. An den Plica vocalis positioniert führen sie zu einer rauen, gepressten Stimme, eventuell verbunden mit einem Räusperzwang. Die Therapie erfolgt mittels Marsupialisation, schreibt Oberfeldarzt Frank­ Hofer­ vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm.

Stimmlippenpolyp

Die polypöse Schleimhautaussackung entwickelt sich als organische Folge einer funktionellen Dysphonie. Eventuell handelt es sich dabei um Vorstufen von Phonationsverdickungen, die als Sänger- oder Schreiknötchen bekannt sind. Noch nicht zu stark ausgebildete Polypen können sich unter einer logopädischen Behandlung vollständig zurückbilden. Bei fehlender Besserung kann eine mikrolaryngoskopische Resektion für Abhilfe sorgen.

Reinke-Ödem

Das Reinke-Ödem tritt fast ausschließlich bei Rauchern auf, mit einem Krankheitsbeginn im fünften Lebensjahrzehnt. Besonders häufig betroffen sind Frauen. Typisch ist eine dunkle, raue Stimme. Die Flüssigkeitsansammlungen in der Lamina propria des Stimmlippenepithels (Reinke-Raum) verdicken sich mit zunehmender Dauer gallertartig. Dadurch kommt es zu einer typischen glasigen Aussackung der Plica vocalis. Trotz des Zusammenhangs mit einem Nikotinabusus handelt es sich nicht um eine Präkanzerose. Die Therapie erfolgt mit einem Einschlitzen der Mukosa in Rahmen einer Mikrolaryngoskopie mit nachfolgendem Absaugen der Flüssigkeit. Ein dauerhafter Rauchstopp kann Rezidive verhindern.

Stimmangleichung bei ­Transsexuellen

Bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen führt bereits die Hormonbehandlung zu einer irreversiblen Senkung der Sprechstimmlage. Bei Transfrauen müssen die Stimmlippen wie Instrumentensaiten gespannt werden, z.B. durch eine Ventralverlagerung der Knorpelanteile des Thyroids, an dem die Stimmlippen in der vorderen Kommissur fixiert sind (Thyreoplastik Typ IV nach Isshiki), durch Kippen des Thyroids zum Cricoid (Cricothyroid­approximation) oder durch Ausdünnen und Verkürzen des schwingenden Anteils der Stimmlippen (Glottoplastik).

Larynxpapillomatose

Die Larynxpapillomatose ist eine HPV-assoziierte Schleimhautveränderung, die sich im gesamten Kehlkopf ausbilden und auch die Atemwege befallen kann. Die Symptome des Stimmlippenbefalls reichen von Heiserkeit bis Atemnot. Charakteristisch sind blumenkohlartige Veränderungen der Mukosa. Ob es sich dabei um eine Präkanzerose handelt, hängt vom Virustyp ab. Als besonders aggressiv gilt eine Manifestation vor dem zwölften Lebensjahr. Im Rahmen einer Mikrolaryngoskopie kann die Diagnose histologisch gesichert werden. Außerdem ermöglicht dieser Eingriff eine Reduktion der Papillome. Die vollständige Entfernung ist oft nicht das Ziel, es genügt, die heiserkeitsauslösenden Gewächse zu entfernen. Eine postexpositionelle Impfung kann eventuell die rezidivfreie Zeit verlängern.

Rekurrensparese

Der häufigste Grund für eine Rekurrensparese ist die Verletzung des Nervs im Rahmen einer Thyreoid­ektomie. Die Lähmung kann aber auch zum Beispiel durch Virusinfektion, Malignome oder neurologische Erkrankungen ausgelöst werden. Mögliche Folgen des laryngoskopisch nachweisbaren Stillstands einer oder beider Stimmlippen sind Heiserkeit oder Stimmlosigkeit. Im Fall einer unilateralen Parese können Kortisonstoßtherapie und logopädische Behandlung für Abhilfe sorgen. Bei fehlender Besserung wirkt eventuell eine Augmentation der Plica vocalis.

Die bilaterale Parese führt zu einer Ruhedyspnoe mit inspiratorischem Stridor bis hin zur lebensbedrohlichen Atemnot, wobei die Stimme oft kaum beeinträchtigt wirkt. Solange noch eine Remission möglich ist, hilft möglicherweise eine  temporäre Stimmlippenlateralisation. Bei persistierender beidseitiger Lähmung kommt eine posteriore Chord­ektomie in Betracht, im Notfall als Ultima Ratio eine Konio- und/oder Tracheotomie.

Funktionelle Dysphonie

Die funktionell bedingte Störung macht sich mit einer Heiserkeit bemerkbar, die offenbar keine organische Ursache hat. Der Patient überstrapaziert vielmehr seine anatomischen Möglichkeiten, indem er zu viel und/oder zu laut spricht. Dabei wechselt er in eine überhöhte mittlere Sprechstimmlage, was dazu führt, dass er beim Reden presst beziehungsweise eine falsche Atemtechnik anwendet. Die Folge ist eine Stimmermüdung mit nachfolgender Heiserkeit – im Extremfall schon nach wenigen Minuten. Zusätzlich bestehen oft Globusgefühl, Räusperzwang und Verspannungen der Hals- und Nackenmuskulatur. Unbehandelt kann es zu Schrei- oder Sängerknötchen kommen. Mithilfe einer logopädischen Therapie lernt der Patient, die Lautstärke zu verringern, die mittlere Sprechstimmlage zu senken und die Sprechatmung zu normalisieren.

Psychogene Dysphonie

Für den Laien sind psychogene Stimmstörungen und Aphonien häufig nur schwer von funktionell bedingten zu unterscheiden, zumal sich nur selten ein auslösendes Lebensereignis eruieren lässt. Die Aphonie tritt in der Regel schlagartig auf, wobei die meist weiblichen Patienten oft noch stimmhaft singen, husten und lachen können. Die Laryngostroboskopie zeigt eine hypofunktionelle Dysphonie mit unvollständigem Stimmlippenverschluss. Zusätzlich zur logopädischen Therapie wird die Konsultation eines Psychotherapeuten oder Psychiaters empfohlen.

Quellen:
Hofer F. Wehrmedizinische Monatsschrift 2022; 66: 295-300;
doi: 10.48701/opus4-36