Anzeige

Herzinfarkt namens MINOCA Symptome ohne relevante Koronarstenose

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Nicht immer ist bei der Verdachtsdiagnose Herzinfarkt eine obstruktive koronare Herzkrankheit die Ursache. Nicht immer ist bei der Verdachtsdiagnose Herzinfarkt eine obstruktive koronare Herzkrankheit die Ursache. © top images – stock.adobe.com
Anzeige

Bei zahlreichen Patienten mit der Verdachts­diagnose Herzinfarkt lassen sich keine auffällig veränderten ­Koronararterien erkennen. Dieses Erscheinungsbild ist ­weniger gutartig als bislang geglaubt und die Ursache ­sollte umgehend abgeklärt werden.

MINOCA (myocardial infarction with non-obstructive coronary arteries) – so wird der Myokardinfarkt ohne obstruktive koronare Herzkrankheit genannt. Einer großen Metaanalyse zufolge werden etwa 6 % aller Herzinfarkte durch einen MINOCA ausgelöst. Die Betroffenen sind eher jünger als KHK-Patienten und weisen weniger klassische Risikofaktoren auf. Frauen erkranken häufig schon vor der Menopause, schreiben Dr. ­Silvan ­Meier vom Stadtspital Zürich und Kollegen. Entgegen früheren Annahmen ist der MINOCA keine benigne Erkrankung. Bis zu 5 % der Patienten versterben innerhalb von 12 Monaten. Die Langzeitmortalität über einen mittleren Zeitraum von 4,5 Jahren liegt bei etwa 14 %. Die individuelle Prognose hängt von der Ursache ab.

Diagnosekriterien

Um die Arbeitsdiagnose MINOCA stellen zu können, müssen die diagnostischen Kriterien für einen Myokardinfarkt erfüllt sein. Dazu gehört ein Troponinwert über der 99. Perzentile des oberen Referenzbereichs. Zudem muss mindestens einer der folgenden vier Befunde vorliegen: 

  • ischämische Symptome
  • ischämietypische EKG-Veränderungen
  • bildgebender Nachweis von Wandbewegungsstörung im Versorgungsgebiet eines Herzkranzgefäßes
  • ein erkennbarer Thrombus

Außerdem wird gefordert, dass eine KHK, definiert als ≥ 50%ige Stenose in einem oder mehreren Kranzgefäßen, ausgeschlossen ist. 

Das klinische Erscheinungsbild unterscheidet sich kaum von einem Infarkt bei obstruktiver KHK. Die meisten Patienten klagen über Symptome wie pektanginöse Schmerzen, vegetative Beschwerden und Atemnot. Elektrokardiografisch ist häufiger ein NSTEMI nachweisbar.

Ausführliche Differenzial­diagnostik angeraten

Diagnostisch ist zunächst eine obstruktive KHK auszuschließen. Als Methode der Wahl gilt die Herzkatheteruntersuchung. Bei allenfalls minimal veränderten Herzkranzgefäßen können in der gleichen Untersuchung andere bildgebende Verfahren wie intravaskulärer Ultraschall und optische Kohärenztomografie eingesetzt werden. Mithilfe dieser Methoden entdeckt man eventuell Veränderungen, die mit der normalen Kontrastmitteldarstellung für das Auge nicht erkennbar sind.

Wenn die Ursache für Myokardschaden und klinische Beschwerden unklar bleibt, empfehlen die Schweizer Autoren eine weitere Diagnostik. Denn die Ätiologie des Myokard­infarkts lässt sich in den meisten Fällen doch aufdecken. Der Terminus MINOCA sollte nur in Ausnahmefällen die abschließende Diagnose bleiben. 

Vor allem fünf Erkrankungen geben Anlass zur Verwechslung. Der häufigste Grund für die Arbeitsdiagnose MINOCA ist die Myokarditis. Sie liegt bei etwa einem Drittel der Fälle vor und ist mehrheitlich infektiös bedingt. Symptome wie lage- und atemabhängige Thoraxschmerzen und Abgeschlagenheit können fehlen. Das EKG zeigt bei einer perikardialen Mitbeteiligung häufig Veränderungen. Als Goldstandard gilt die Endomyokardbiopsie. Die Therapie richtet sich nach den Symptomen, bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion wird eine kardioprotektive Medikation empfohlen.  

Spontane Koronardissektion oder Stress als Auslöser

Die zweithäufige Ursache für einen Verdacht auf MINOCA ist der „wirkliche“ Myokardinfarkt, wobei sich die Koronarien zum Zeitpunkt der Herzkatheteruntersuchung (vermeintlich) unauffällig oder nur minimal verändert darstellen. Ein möglicher Auslöser ist die spontane Koronardissektion. Diese findet sich häufig in peripheren kleinen Gefäßen und wird deshalb leicht übersehen. 

Ein weiterer Grund für die Fehldiagnose MINOCA ist das Tako­tsubo-Syndrom. Die auch Stresskardio­myopathie genannte­ Erkrankung befällt vorwiegend postmenopausale Frauen und wird vielfach durch ein emotionales Ereignis ausgelöst (positiv oder negativ). Das EKG ist unspezifisch verändert, das Troponin deutlich erhöht und die CK-MB (Kreatininkinase vom „­muscle-brain“-Typ) oft niedrig. Die Diagnose wird üblicherweise im Herzkatheterlabor durch den Nachweis regionaler Wandbewegungsstörungen im linken Ventrikel gestellt.   

Therapie wird individuell auf die Ursache abgestimmt

Selten können sich primäre Kardiomyopathien mit Zeichen eines akuten Koronarsyndroms oder Herzinfarkts manifestieren, dies gilt insbesondere für die hypertrophe Form. Pathophysiologisch liegt eine mikrovaskuläre Dysfunktion mit konsekutiver Ischämie zugrunde. 

Eine allgemeingültige Therapieempfehlung scheint den Autoren nicht sinnvoll. Die Therapie sollte sich nach der zugrunde liegenden Genese richten, weshalb eine intensive Ursachenforschung angeraten wird.

Quelle: Meier S et al. Swiss Med Forum 2023; 23: 1240-1245; DOI: 10.4414/smf.2023.09468