
Auf die Blutung folgt die Krebsdiagnose Therapie mit Antikoagulanzien kann Karzinome aufdecken

Eine antikoagulierende Behandlung zur Schlaganfallprävention gehört bei Vorhofflimmern zum Standardrepertoire. Grundsätzlich erhöht eine derartige Therapie aber die Gefahr einer Blutung – die dann möglicherweise ausschließlich dem Medikament zugeschrieben wird.
Studiendaten zufolge ist eine Blutung zu Beginn der Gerinnungshemmung allerdings auffällig oft ein Hinweis auf ein bislang unerkanntes Karzinom. Das gilt insbesondere für ältere Patientinnen und Patienten. Dennoch gibt es bislang keine konkreten Empfehlungen zur Tumordiagnostik in solchen Fällen, wie eine Gruppe um Kavi Grewal vom Women’s College Hospital in Toronto schreibt.
Um die Zusammenhänge genauer zu untersuchen, analysierte das Team kanadische Patientenregister. In die Auswertung kamen Daten von 119.480 Männern und Frauen im Alter über 66 Jahren, denen zwischen 2008 und 2022 wegen eines Vorhofflimmerns erstmals eine Therapie mit Warfarin oder einem NOAK verordnet worden war. Das Durchschnittsalter in der Kohorte betrug 77,4 Jahre. Gut zwei Drittel hatten NOAK erhalten. Personen mit Herzklappenerkrankungen, regelmäßiger Dialyse, venöser Thromboembolie, zurückliegenden Krebserkrankungen oder zuvor dokumentierten Blutungen blieben außen vor. Mehr als 70 % aller Patientinnen und Patienten nahmen die Gerinnungshemmer auch zwei Jahre nach Therapiebeginn noch ein, berichtet die Wissenschaftlergruppe.
Mit dem Start der Antikoagulation fand sich bei 26.037 Personen (21,8 %) innerhalb von im Median 266 Tagen eine dokumentierte Blutung. Bei 5.800 (4,9 %) Personen aus der Kohorte war in den zwei Jahren nach Beginn der antikoagulierenden Therapie ein Karzinom diagnostiziert worden. Zusammengefasst bedeutet das, dass Tumoren bei Patientinnen und Patienten mit stattgehabter Blutung viermal häufiger festgestellt wurden als bei Menschen ohne Blutung.
Aufgeschlüsselt nach den betroffenen Organen ergab sich eine Hazard Ratio (HR) für eine Krebsdiagnose von jeweils 5 bei gastrointestinalen und urogenitalen Blutungen. Bei Hämorrhagien im Bereich der Atemwege lag die HR bei 4. Die Werte bei intrakraniellen oder nasopharyngealen Hämorrhagien fielen mit einer HR 1,8 bzw. HR 1,5 deutlich niedriger aus.
Ein besonders hohes Risiko zeigte sich zudem für einen Tumor in demselben Organsystem, in dem die Blutung aufgetreten war. So lag in einem solchen Fall der Risikoquotient für ein gastrointestinales Karzinom bei HR 15,4. Bei urogenitalen Tumoren ergab sich eine HR von 11,8. Das Auftreten von Brustkrebs indes zeigte keinerlei Korrelation mit einem Blutungsereignis.
Bei Hämorrhagie zügig mit Tumordiagnostik starten
Angesichts dieser starken Assoziationen empfiehlt das Autorenteam, bei Hämorrhagien unter Antikoagulanzien umgehend eine Tumorsuche zu starten. So ließen sich Karzinome gegebenenfalls in einem frühen Stadium entdecken. Nach sorgfältiger Diagnostik mit Ausschluss eines Tumors oder einer anderen gefährlichen Ursache könne die erforderliche Antikoagulation dann ohne größere Bedenken fortgesetzt werden.
Quelle: Grewal K et al. Circulation 2025; 151: 773-782; DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.124.070865