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Tiermodell: Nicht-steroidale Antirheumatika morgens wirksamer

Autor: Dr. Anne Benckendorff

NSAR sollten am besten morgens eingenommen werden, denn der Knochenabbau durch Osteoklasten findet vor allem tagsüber statt. NSAR sollten am besten morgens eingenommen werden, denn der Knochenabbau durch Osteoklasten findet vor allem tagsüber statt. © tisomboon – stock.adobe.com
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Nicht nur unser Stoffwechsel, sondern auch Heilungsprozesse nach Verletzungen folgen einem zirkadianen Rhythmus. Deshalb scheint es einen Unterschied zu machen, ob man nicht-steroidale anti-inflammatorische Medikamente morgens oder abends gibt.

Inflammatorische Prozesse sowie der Knochenabbau durch Osteoklasten finden vor allem tagsüber statt. Dagegen lassen sich antiinflammatorische Mediatoren und eine vermehrte Aktivität von Knochen aufbauenden Osteoblasten vermehrt nachts nachweisen.

Mäusen die Knochen gebrochen und NSAR gegeben

Wissenschaftler um Dr. Haider Al-Waeli von der zahnmedizinischen Fakultät der McGill University in Montreal leiteten daraus die Hypothese ab, dass eine morgendliche Gabe von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) zu einer verbesserten Heilung führen müsste. Um dies zu überprüfen, verglichen sie zwei Gruppen von Mäusen: Nach einer induzierten Tibia-Fraktur bekam die eine Gruppe NSAR über zwei Wochen morgens, die andere abends verabreicht.

Mäuse, die das Medikament morgens bekamen, schonten ihr verletztes Bein weniger stark und belasteten es innerhalb von zwei Wochen wieder voll. Die andere Gruppe brauchte deutlich länger, um sich zu erholen und konnte auch nach zwei Wochen das Bein weniger stark belasten. Das CT zeigte bei der ersten Gruppe einen deutlich größeren Kallus an der Bruchstelle sowie eine bessere Struktur des heilenden Knochengewebes. In der histomorphometrischen Untersuchung sahen die Wissenschaftler zudem ein größeres mineralisiertes Knochenareal und weniger Osteoklasten. Darüber hinaus hielt der geheilte Knochen mehr mechanischem Stress stand.

Auf molekularer Ebene ließen sich die klinischen Ergebnisse bestätigen. Beispielsweise mit den unterschiedlichen Serumspiegeln von Zytokinen: In der Gruppe der abendlichen Gabe zeigte sich nicht nur eine kurze Entzündungsphase, wie sie für die Rekrutierung von mesenchymalen Stammzellen zur Knochenheilung nötig ist, sonders es wurden wesentlich länger entzündliche Zytokine ausgeschüttet. Auch die Expression von über 555 Genen war abhängig vom Zeitpunkt der Medikamentengabe verschieden. So wurden spezifische Gene, die an der Knochenheilung beteiligt sind, in der Gruppe der Mäuse mit der morgendlichen Gabe hochreguliert.

Patienten nach Extraktion von Weisheitszähnen untersucht

Ermutigt von diesen Ergebnissen, haben die Forscher nun damit begonnen, ein entsprechendes Therapieregime – morgens NSAR, mittags und abends reine Analgesie – bei Patienten nach der Extraktion von Weisheitszähnen anzuwenden und zu überprüfen. Erste vorläufige Ergebnisse erscheinen vielversprechend, heißt es in einer Presse­mitteilung.

Quelle: Al-Waeli H et al. Sci Rep 2020; 10: 468; DOI: 10.1038/s41598-019-57215-y