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Corona und Tuberkulose Schwindsucht rafft immer mehr Menschen dahin

Autor: Annette Kanis

Niedriglohnländer sind besonders betroffen. Niedriglohnländer sind besonders betroffen. © Kateryna Kon-stock.adobe.com
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Die Tuberkulose erlebt in Pandemiezeiten einen neuen Boom und tötet weit mehr Menschen als davor. Experten raten dringen dazu, gegenzusteuern, um diesen Trend zu stoppen.

Nach Schätzung der WHO erkrankten 2020 fast zehn Millionen Menschen weltweit an Tuberkulose. Diagnostiziert und offiziell gemeldet wurde jedoch nur etwas mehr als die Hälfte davon und somit 18 % weniger als im Jahr zuvor, schreiben Dr. Pai ­Madhukar vom McGill International TB Centre in Montreal und sein Team. Auffällig ist, dass sich dieser Rückgang auf Länder im asiatischen Raum konzentriert – wie Indien, Indonesien, die Philippinen und China, die besonders stark durch die Pandemie betroffen waren. Die dortigen größeren COVID-19-Ausbrüche führten zu sehr starken Belastungen der Gesundheitssysteme. Die Folgen: Weniger Tbc-Infizierte konnten versorgt werden, mehr nicht-diagnostizierte Kranke führten zu gehäuften Ansteckungen. All dies bedeutet mehr Todesfälle (2020 waren es 1,5 Millionen). Erstmals seit knapp zwei Jahrzehnten, in denen die Tuberkulose-Mortalität langsam abnahm, kam es 2020 zu einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Die Autoren verweisen auf weitere negative Auswirkungen der Pandemie: So hat die Zahl der Menschen, die wegen arzneimittelresistenter Tuberkulose behandelt werden, um 15 % abgenommen. Die derjenigen, die eine vorbeugende Behandlung erhielten, sank sogar um 21 %. Der Rückgang der Tuberkulose-Inzidenz habe sich „dramatisch“ verlangsamt. Betroffen sind insbesondere Länder mit niedrigem und mittleren Einkommen, wobei die anhaltenden Coronawellen, Armut und Unter­ernährung eine Rolle spielen.

Um dem etwas entgegenzusetzen und gleichzeitig den Wiederaufbau von Gesundheitsdiensten zu ermöglichen, sprechen sich die Autoren zuvorderst für eine schnelle Beendigung der COVID-19-Pandemie aus. Möglich wäre dies durch eine weltweite Impfquote von 70 %. Dafür gelte es, überzählige Impfdosen umzuverteilen und Wissen über die Vakzine auszutauschen.

Daten sicht­barer und zugänglicher machen

Des Weiteren sollte die um sich greifende Tbc-Epidemie mehr Aufmerksamkeit erfahren. Dafür müssten die Daten sichtbarer und zugänglicher gemacht werden, etwa durch Datenbanken, tagesaktuelle Statistiken und vernetzte Diagnosewege.

Hilfreich wäre es den Autoren zufolge zudem, die Erkennung von Fällen über Handy-Apps und digitale Tools sowie gut ausgebaute Testverfahren zu optimieren. Hierbei könnte man analog zur Bekämpfung der Coronapandemie vorgehen, also z.B. die Testmöglichkeiten zu den Menschen vor Ort bringen, das Tragen von Mund-Nasen-Be­deckungen propagieren und auf regelmäßige Belüftung von Innenräumen achten. Als weiteren Punkt fordern die Autoren mehr Investitionen für die Entwicklung eines verbesserten Impfstoffs.

Quelle: Madhukar P et al. N Engl J Med 2022; 386: 1490-1493;  DOI: 10.1056/NEJMp2118145