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Vorhofflimmern Über bewältigte und bevorstehende Herausforderungen

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Digitale Geräte wie Smartwatches können dabei helfen, Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen. Digitale Geräte wie Smartwatches können dabei helfen, Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen. © andy_boehler – stock.adobe.com
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Wie screenen, wann abladieren und mit welcher Technik? Zu Vorhofflimmern und anderen Arrhythmien gab es in den letzten Jahren einige große Studien. Zeit, sich mit der klinischen Relevanz der Ergebnisse zu beschäftigen. 

Die Leitlinien unterscheiden beim Screening auf Vorhofflimmern (VHF) zwischen opportunistischer und systematischer Früherkennung. Im Alltag verschwimmen die Grenzen zwischen diesen beiden Ansätzen laut Prof. Dr. David Duncker von der Klinik für Kardiologie und Angio­logie der Medizinischen Hochschule Hannover aber immer mehr. Denn in den letzten Jahren zeigten verschiedene Studien, dass digitale Devices wie Smartwatches recht gut in der Lage sind, ein VHF zu entdecken. Da Smartwatches aber momentan eher von Jüngeren getragen werden, erreiche man damit nicht die optimale Zielpopulation, sagte der Kollege. Nicht ganz klar sei zudem, ab wann bei einem zufällig per Device entdeckten VHF interveniert werden muss. In jedem Fall solle zunächst ein Arzt die Diagnose bestätigen. 

Frühe Ablation scheint besonders effektiv zu sein

Den Nutzen einer raschen Rhythmuskontrolle nach der VHF-Diagnose belegte die EAST-AFNET-4-Studie. Im Vergleich zur Standardbehandlung senkte die rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten oder Katheter­ablation die Gefahr kardiovaskulärer Ereignisse um 20 %, erklärte Prof. Dr. Paulus Kirchhof vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Der Vorteil im primären Endpunkt zeigte sich in Subanalysen allerdings nur bei Hochrisikopatienten mit einem CHA2DS2-VASc Score ≥ 4.

Das Atrial Fibrillation NETwork und die EHRA* sprachen sich auf ihrer Konsensuskonferenz 2022 ausdrücklich für ein besseres Rhythmusmanagement aus. Dabei scheint ersten Erkenntnissen zufolge eine frühe Ablation besonders effektiv zu sein. Diese These bedarf allerdings noch der Überprüfung in einer größeren randomisiert-kontrollierten Studie, betonte Prof. Kirchhof.

ICD bei nicht-ischämischer Kardiomyopathie

PD Dr. Jakob Lüker von der Klinik III für Innere Medizin der Uniklinik Köln fasste die jüngeren Studienergebnisse zur ICD-Implantation bei Patienten mit nicht-ischämischer Kardiomyopathie kurz und knapp zusammen. Betroffene sollten einen ICD bekommen, wenn

  • eine hämodynamisch instabile VT oder Kammerflimmern auftritt,

  • die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) anhaltend unter 35 % liegt – mit oder ohne Risikofaktoren,

  • die LVEF stabil unter 50 % liegt und Risikofaktoren vorliegen (z.B. Mutation des LMNA-Gens),

  • nach fallbasierter Evaluation eine kardiale Resynchronisationstherapie indiziert ist.

Die Pulmonalvenenisolation (PVI) ist das einzige Ablationsverfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit und wird routinemäßig als Methode der ersten Wahl eingesetzt. Beim persistierenden VHF verspricht sie jedoch nur beschränkten Erfolg. Und alle neuen Ansätze der jüngeren Zeit, z.B. die zusätzliche Isolierung atrialer Fibroseareale in der DECAAF-II-Studie oder der hinteren linken Vorhofwand in der CAPLA-Studie, konnten leider nicht überzeugen, bedauerte Dr. Anja Schade von der Allgemeinen und Interventionellen Kardiologie & Rhythmologie am Helios Klinikum Erfurt. „Das wird unsere große Aufgabe für die nächsten Jahre sein, neue Strategien zur Ablation eines persistierenden Vorhofflimmerns zu entwickeln.“ 

Ob die gleichzeitige Ablation linksatrialer low voltage Areale Vorteile gegenüber der alleinigen PVI bringt, ließe sich laut Dr. Schade am besten in einer randomisierten Multicenterstudie klären. Darüber hinaus sollten ihrzufolge substratmodifizierende Methoden unter Nutzung moderner Radiofrequenz-Techniken re­evaluiert und EKG-basierte Verfahren weiterentwickelt werden.

Wie es um die interventionelle Behandlung bei ventrikulären Tachykardien (VT) steht, erläuterte Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck vom Universitären Herzzentrum Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Insbesondere der optimale Zeitpunkt der Therapie ist ein ungelöstes Problem. 

Nach wie vielen ICD-Schocks sollte interveniert werden?

So ergab die Berlin-VT-Studie, dass die präventive Katheterablation bei Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie, VT und ICD**-Indikation keinen Benefit im Hinblick auf Tod und ungeplante Hospitalisierungen bringt. „Präventiv“ bedeutete vor der Implantation des ICD. Als Komperator diente die verzögerte Ablation nach drei stattgehabten ICD-Schocks. In der PARTITA-Studie fanden sich dagegen günstige Effekte, wenn nach einem ersten Schock statt einer konservativen Therapie zeitnah die Ablation erfolgte. Prof. Kuck bemängelte aber das Studiendesign von PARTITA: Nur 47 Teilnehmer wurden randomisiert und eigentlich verglich man lediglich eine frühe Ablation mit Nichtstun. Eine Katheterablation „nach dem dritten Schock ist auch noch früh“, so sein Kommentar.

Quelle: Kongressbericht DGK Herztage 2022

* European Heart Rhythm Association
** Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator