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Reiseberatung Unterwegs in heißem Terrain

Autor: Tobias Stolzenberg

Eine feuchtheiße Umgebung wird meist schlechter vertragen als trockene Hitze. Eine feuchtheiße Umgebung wird meist schlechter vertragen als trockene Hitze. © Robert Kneschke - stock.adobe.com
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Insbesondere in feucht-warmen Klimazonen bedeuten hohe Umgebungstemperaturen puren Stress für den Körper. Und den will man im Urlaub doch vermeiden. Was man Patienten raten kann, damit sie auf Reisen einen kühlen Kopf bewahren.

Bei der reisemedizinischen Beratung durch den Hausarzt wird den hitzebedingten Erkrankungen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dieser Meinung sind Prof. Dr. Wasin­ Matsee­ von der Mahidol­ Universität in Bangkok und Kollegen. Hitzesynkope, Hitzschlag und Hitzeerschöpfung rücken meist nur in den Blick einer größeren Öffentlichkeit, wenn es um Großereignisse wie Hadsch, Olympische Spiele oder zuletzt die Fußballweltmeisterschaft in Katar geht. Wenn also Gluthitze, aufgeheizte Gebäude und dichtes Gedränge den Pilgern und Sportfans zusetzen oder mörderische Arbeitsbedingungen beispielsweise beim Stadionbau Menschen sogar das Leben kosten.

Bei Reisen in die heißen und feuchten Zonen dieser Erde ist jedoch auch der ganz gewöhnliche Tourist betroffen, schreiben Prof. Matsee­ und Kollegen. Nach der Ankunft am Reiseziel sollte immer eine angemessene Akklimatisierung erfolgen, lautet ihr unmissverständlicher Rat. Das kann durchaus mehrere Tage in Anspruch nehmen, was leider oft mit dem stramm geplanten Urlaubsprogramm kollidiert. Für Kinder, ältere Reisende, übergewichtige Menschen und Personen mit Vorerkrankungen ist die Anpassung an das ungewohnte Klima essenziell, da sie das Risiko für hitzebedingte Ereignisse deutlich senkt. Grund­erkrankungen sollten gut kontrolliert sein, eventuell muss man eine bestehende Medikation in der Dosierung vor Reiseantritt anpassen.

Antihistaminika, Benzodiazepine sowie Schleifendiuretika, Beta­blocker und Kalziumantagonisten erschweren unter anderem die Akklimatisierung, ebenso Anti­cholinergika und Anti­psychotika. Auf alkoholische Getränke sollte der Reisende während dieser Zeit verzichten, denn unter Alkohol nimmt man Temperaturen und damit die Hitze schlechter wahr und verliert mehr Flüssigkeit.

Eine feuchtheiße Umgebung wird meist schlechter vertragen als trockene Hitze, da hohe Luftfeuchte den kühlenden Effekt des Schwitzens verringert. Nach Möglichkeit sollen vor allem anfällige Urlauber ihre anstrengenden Outdoor-Aktivitäten nicht in die heißesten Stunden des Tages legen, sondern sie für die Vormittags- oder frühen Abendstunden planen, so die Experten. Lockere Kleidung, die den Schweiß gut transportiert, Hüte, Schirme oder Fächer (tragbare Ventilatoren), Schattenplätze und ausreichende Ruhephasen helfen, gut durch den Tag zu kommen.

Bei Hitze gilt vor allem: viel trinken! Und zwar nicht erst dann, wenn das Durstgefühl kommt, sondern kontinuierlich über den Tag verteilt, mahnen die Autoren. Insbesondere gilt das für Urlauber, die harntreibende Medikamente einnehmen. Bei anstrengenden Aktivitäten im Freien kann es erforderlich sein, das Trinkwasser mit Elektrolyten oder einer oralen Rehydrationslösung (ORS) anzureichern.

Zur Reiseberatung gehört auch, den Patienten grob in die Lage zu versetzen, sich selbst oder anderen helfen zu können. Er sollte wissen, wie er hitzebedingte Erkrankungen, z.B. Hitze­erschöpfung und Hitzschlag, bei sich und anderen erkennt und welche Erste-Hilfe-Maßnahmen greifen (Auswahl):

  • Schatten oder kühle Räume aufsuchen
  • Kleidung lockern oder ausziehen
  • Rückenlage einnehmen
  • mit einem feuchten Handtuch, mit Wasser oder einem Ventilator für Kühlung sorgen
  • viel trinken, Trinkwasser eventuell mit Elektrolyten anreichern (ORS)
  • wenn nötig (z.B. bei einem Hitzschlag) den örtlichen Rettungsdienst alarmieren

Die Autoren nehmen auch Staaten und ihre Regierungen sowie die nationalen Gesundheitssysteme in die Pflicht. Angesichts eines sich immer weiter aufheizenden Planeten bedarf es einer Planung und Konzepten, um die eigene Bevölkerung und Touristen vor übergroßer Hitze zu warnen und insbesondere vulnerable Gruppen effektiv zu schützen.

Das schließt ihrer Ansicht nach konkrete Maßnahmen ein, die auch über die unmittelbare Gesundheitsfürsorge hinaus gehen: Die Städte brauchen mehr Grün, es müssen verbindliche Gesetze erlassen werden, um die Emission von Treibhausgasen endlich wirksam zu mindern, und es sollte viel mehr Geld in die Entwicklung sauberer Energietechnik fließen. Zudem ist eine internationale Förderung nötig, damit auch ärmere Länder auf die steigende Hitze reagieren können.

Quelle: Matsee M et al. J Travel Med 2023; 30: taad072; DOI: 10.1093/jtm/taad072