
Schmerzalarm aus dem Nichts Vernichtungskopfschmerz: Rasch denken, schnell handeln

Hinter plötzlich auftretenden extremen Kopfschmerzen können diverse schwere Erkrankungen stecken. Entscheidend ist die frühzeitige Diagnosestellung, die interdisziplinär erfolgen sollte.
Mit Cephalgien präsentieren sich 1–4 % der Patientinnen und Patienten in der Notfallmedizin; etwa ein Sechstel von ihnen mit Vernichtungskopfschmerz. Definiert sind diese als plötzlich auftretende, stärkste Schmerzen, die ihr Maximum innerhalb einer Minute – oder anderen Kriterien zufolge innerhalb einer Stunde – erreichen und mindestens 5 Minuten anhalten. Letztere Definition verwendet das Team um Dr. Hans Rosenberg von der Abteilung für Notfallmedizin der Universitätsklinik Ottawa und gibt konkrete Ratschläge für eine sorgfältige Untersuchung Betroffener, um lebensbedrohliche Ursachen möglichst rasch aufzudecken.
Subarachnoidalblutung wird häufig übersehen
Eine zugrunde liegende Subarachnoidalblutung wurde einer Studie zufolge bei etwa einem Viertel der Betroffenen mit Vernichtungskopfschmerz während des ersten Arztkontakts nicht erkannt. Nur 4–8 % der Personen mit Subarachnoidalblutung haben keinen Vernichtungskopfschmerz. Bis zu 50 % der Betroffenen sind abgesehen von den starken Schmerzen neurologisch unauffällig. Begleitende Störungen der Sprache, der Motorik, Sensorik, Koordination oder Hirnnervenausfälle sowie Meningismus oder Bewusstseinseinschränkungen sind aber hinweisend. Entsprechend sollten subjektive Nackensteifigkeit, Kopfschmerz nach Belastung oder eine fremdanamnestische Bewusstlosigkeit erfragt werden. Auch ein Alter von > 40 Jahren gilt als Risikofaktor.
Zu bedenken ist: Die genannten Kriterien sind zwar sehr sensitiv, aber wenig spezifisch und eignen sich daher nur zum Ausschluss einer Subarachnoidalblutung. Zur Abklärung wird grundsätzlich zunächst eine frühzeitige CT von Schädel und Hals empfohlen. Besteht bei negativem CT-Befund dennoch weiter der Verdacht auf eine Subarachnoidalblutung, sollte eine Lumbalpunktion erfolgen. Klarheit zur Ursache kann zudem eine CT-Angiografie oder MRT bringen.
In der Schädel-CT werden auch andere mögliche Ursachen des Vernichtungskopfschmerzes sichtbar: Eine intrakranielle Blutung beispielsweise verursacht neben fokalen oft auch generalisierte neurologische Symptome wie Erbrechen oder Bewusstseinsstörungen. Der zerebrale Insult geht bei 7–34 % der Betroffenen mit Cephalgien einher, die in bis zur Hälfte der Fälle plötzlich aufgetreten sind. In der Schädel-CT sind zudem ein möglicher Hypophysen-Apoplex sowie Veränderungen im Bereich des dritten Ventrikels, etwa ein Tumor, zu erkennen.
Nach fokalen neurologischen Symptomen fragen
Die Dissektion der Arteria vertebralis oder carotis kann ebenfalls zu Vernichtungskopfschmerz führen und mit fokalen neurologischen Symptomen einhergehen. Berichtet die Patientin oder der Patient von mehreren Episoden plötzlich auftretender, starker Cephalgien über Tage oder Wochen, liegt womöglich ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom zugrunde. In beiden Situationen sollte eine CT-Angiografie erfolgen.
Das posteriore reversible Enzephalopathiesyndrom lässt sich besser per MRT diagnostizieren. Das Syndrom geht mit Sehstörungen, Erbrechen, Krampfanfällen und Veränderungen des Bewusstseins einher. Visuelle und auditorische Störungen sind neben orthostatischem Kopfschmerz eher typisch für ein zerebrales Liquorleck. Sehstörungen können unter anderem auch Symptom einer zerebralen Sinusvenenthrombose sein. Besteht Fieber, kommt eine Meningitis infrage.
Neben Pathologien des Gehirns ist beim Symptom Vernichtungskopfschmerz auch an ein akutes Winkelblockglaukom, einen Herzinfarkt oder ein Phäochromozytom zu denken. Entsprechend sind neben Bildgebung oder Lumbalpunktion gegebenenfalls eine Tonometrie sowie die Bestimmung verschiedener Blutwerte angezeigt.
Die Diagnostik muss schnell erfolgen: Die meisten Betroffenen mit Vernichtungskopfschmerz benötigen eine sehr rasche Konsultation von Fachärztinnen und Fachärzten aus der Neurochirurgie oder Neurologie. Nur so kann z. B. eine akute Meningitis rechtzeitig behandelt, das Risiko einer erneuten Blutung oder die Folgen einer Ischämie reduziert werden. Ein primärer Vernichtungskopfschmerz sollte erst erwogen werden, wenn wirklich alle möglichen Ursachen ausgeschlossen wurden.
Quelle: Rosenberg H et al. BMJ 2025; 389: 2024-083247; doi: 10.1136/bmj-2024-083247