
Schwer zu schlucken Verschiedene Ursachen können Dysphagie auslösen

Die Dysphagie ist die schmerzlose Beeinträchtigung des Nahrungstransports von der Mundhöhle in den Magen. Diese Schluckstörungen können in jedem Alter auftreten, schreiben Dr. Cornelia Schwemmle vom Zentrum für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des Universitätsklinikums Gießen und ihr Team.
Je nach Lokalisation der Störung treten typische Symptome auf. Die oropharyngeale Dysphagie äußert sich u. a. durch Schwierigkeiten bei der Einleitung des Schluckvorgangs. Während des Essens husten oder würgen Betroffene häufig. Es kommt auch zum „Drooling“ – Bolusbestandteile laufen aus dem Mund heraus. Zudem treten vermehrt Verschleimungen und Atemwegsinfekte durch Mikroaspirationen auf.
Für eine ösophageale Dysphagie charakteristisch sind bspw. Halsschmerzen, thorakale Schmerzen und ein Brennen in der Herzregion. Betroffene erleben Hustenattacken beim Hinlegen nach dem Essen. Nahrung bleibt im Hals und hinter dem Brustbein stecken und es kommt zu rezidivierenden Pneumonien. Zusätzlich verlieren Betroffene bei beiden Formen der Dysphagie an Gewicht.
Beim Schluckvorgang arbeiten komplexe Steuerungsareale im Gehirn und periphere sensorisch-neuromuskuläre Strukturen zusammen. Fällt das Schlucken schwer, kann dies anatomische, entzündlich-veränderte, neurologische oder medikamentöse Ursachen haben.
Anatomische Ursachen
Angeborene Fehlbildungen wie bspw. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten stören die Schluckeffizienz und den Bolustransport. Auch eine angeborene Fazialisparese und andere Dysformationen, z. B. bei genetischen Syndromen, können verantwortlich sein, ebenso oberflächliche Veränderungen wie entzündete und narbig veränderte Schleimhäute bis hin zu Ulzera, beispielsweise nach Bestrahlungen in diesem Bereich.
Neurologische Ursachen
Sämtliche neurologische Krankheiten können eine Dysphagie verursachen. Besonders häufig tritt eine Schluckstörung bei Patientinnen und Patienten mit z. B. Morbus Parkinson oder nach einem Schlaganfall auf. Auch die Lähmung wichtiger Nerven wie bspw. des N. glossopharyngeus, N. vagus und des N. hypoglossus beeinträchtigt die Koordination der Schluckmuskulatur. Insgesamt ruft dies eine Stimmlippenparese mit Glottisinsuffizienz hervor.
Medikamentöse Ursachen
Medikamentöse Nebenwirkungen, insbesondere durch trizyklische Antidepressiva, SSRI, opioide Analgetika und Anticholinergika können Xerostomie oder Hypersalivation auslösen. Dies verschlimmert die Schluckprobleme, schreiben Dr. Schwemmle und ihr Team.
Die Diagnostik der Schluckstörung umfasst neben der gründlichen Anamnese unter Zuhilfenahme verschiedener Frage- und Screeningbögen klinische Untersuchungen (schluckbezogene Tests wie bspw. der 90-ml-Wasser-Schluck-Test) und die flexible (video)endoskopische Schluckdiagnostik als Goldstandard. Zusätzlich können u. a. elektrophysiologische Diagnostik und Videofluoroskopien eingesetzt werden.
Die konservative Dysphagiebehandlung umfasst Übungen, die die Schluckkoordination verbessern und gestörte Schluckabläufe normalisieren sollen (bspw. externe Stimulation, um zentrale Innervierungsmuster zu trainieren). Unterstützend können
- Atemübungen zur Kräftigung der Atemmuskulatur,
- Medikamente (z. B. Dopaminergika, Botulinumtoxin),
- Neurostimulation oder
- eine Radiatio bei Hypersalivation eingesetzt werden.
Helfen konservative Maßnahmen nicht oder bestehen gar Traumata oder starke Vernarbungen nach onkologischen Operationen, sind chirurgische Eingriffe indiziert.
Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Dysphagie besteht bei Kleinkindern sowie Patientinnen und Patienten im höheren Alter. Bei kleinen Kindern fällt es oft schwer, eine pathologische Schluckstörung von eigenwilligem Essverhalten zu trennen. Frühgeborene und Kinder mit neurologischen Erkrankungen sind für eine über das Kleinkindalter hinweg bestehende Dysphagie anfällig. Im hohen Alter kommt es vor allem bei neurologischen oder degenerativen Erkrankungen zur altersbedingten Schluckstörung, der Prebydysphagie.
Das Team um Dr. Schwemmle führt schließlich noch Tipps für die Hausarztpraxis auf. Bei der Medikamentenverschreibung gilt es, zu große oder dicke Tabletten zu vermeiden und mögliche Nebenwirkungen, die die Dysphagie verschärfen könnten, im Auge zu behalten. Ein Mörsern der Tabletten ist nur bedingt empfehlenswert, da die Gefahr der Aspiration von Teilchen besteht. Besonders bei älteren Patientinnen und Patienten und solchen, die einen großen Medikationsplan aufweisen, sollte dieser überprüft und gegebenenfalls eine Deeskalation vorgenommen werden.
Quelle: Schwemmle C et al. HNO 2025; doi: 10.1007/s00106-025-01630-3