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Brandgefährliches Grillfest Was man über die Versorgung thermischer Verletzungen wissen sollte

Autor: Dr. Susanne Gallus

Brandopfer sollten gewärmt und Verbrennungen steril verpackt werden. Brandopfer sollten gewärmt und Verbrennungen steril verpackt werden. © Christian – stock.adobe.com
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Sommerzeit ist Grillzeit. Fehlt den Grillmeistern die Geduld oder ist jemand nur kurz unachtsam, kann es schnell zu schwersten Verbrennungen kommen. PD Dr. Johannes­ Maximilian­ Wagner vom BG Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum erklärt, worauf es in der Versorgung der Brandverletzten ankommt. 

Was ist das Tückische bei Grillunfällen?

PD Dr. Johannes Wagner: Die häufigsten Grillunfälle mit thermischen Verletzungen werden beim Einsatz von Brandbeschleunigern verursacht. Hierbei kommt es häufig zu einer Verpuffung, die zu entsprechenden Gesichtsverbrennungen mit Beteiligung der Augen führen kann.

Welche Punkte sind für Sie die Wichtigsten bezüglich der Versorgung dieser Patienten?

Bei der Erstversorgung von Brandverletzten gilt es natürlich – wie bei allen kritischen Patienten – eine stabile Atemwegs- und Kreislaufsituation zu gewährleisten. Bei Patienten mit Verbrennungen ist zudem der Wärmeerhalt entscheidend. Das Kühlen der Brandwunden bringt ihnen selten einen Vorteil, sondern führt eher dazu, dass sie stark auskühlen. Die Wunden sollten bei der Erstversorgung steril verpackt und die Patienten nach Möglichkeit gewärmt werden. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Flüssigkeitsmanagement. Der initiale Flüssigkeitsbedarf  der Patienten wird leider häufig unterschätzt und lässt sich bei der anschließenden klinischen Versorgung nur schwer kompensieren. Hilfestellung kann die Parkland-Baxter Formel (s. Kasten) geben, welche ausgehend vom Verbrennungsausmaß den ungefähren Flüssigkeitsbedarf eines Patienten in den ersten 24 Stunden ermittelt.

Volumentherapie nach der Parkland-Baxter Formel

Die Parkland-Baxter-Formel gibt die Menge an Vollelektrolytlösung in Millilitern an, die der Verbrennungspatient innerhalb der ersten 24 h i.d.R. im klinischen Setting erhalten sollte. Sie lautet: 4 x Körpergewicht (kg) x verbrannte Körperoberfläche (in %). Dabei gilt es zu beachten:

  • Die betroffene Körperoberfläche  wird anhand der Neunerregel nach Wallace ermittelt, es zählen nur die tiefen Verbrennungen (Grad 2–3).

  • Die erste Hälfte der Flüssigkeitsmenge wird in den ersten acht Stunden gegeben, die beiden letzten Viertel nacheinander jeweils über acht Stunden.

  • Die Formel eignet sich nicht für Kinder mit einem Körpergewicht unter 10 kg.

  • Das Volumen ist nur ein Richtwert, nach zwei bis drei Stunden sollte die Gabe evtl. anhand der klinischen Parameter an die individuelle Situation des Patienten angepasst werden.

Im präklinischen Setting wird dazu geraten, Erwachsenen in den ersten zwei Stunden nicht mehr als 1.000 ml zu geben, um eine Überinfusion zu vermeiden.

Quelle: 1. S2k-Leitlinie Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen AWMF_Reg.Nr. 044-001
2. Psychrembel Online

Bis zu welchem Ausmaß halten Sie eine ambulante Versorgung von Verbrennungen für vertretbar?

Diese Frage lässt sich nur schwer pauschal beantworten. Entscheidend ist zunächst das Verbrennungsausmaß: Es sollte 10 % der Gesamtkörperoberfläche nicht überschreiten. Darüber hinaus dürfen keine tiefgradigen Verbrennungen vorliegen. Relevante Begleitverletzungen und insbesondere ein Inhalationstrauma machen einen stationären Aufenthalt zwingend erforderlich. Zudem spielen patientenbezogene Faktoren wie Begleiterkrankungen und das Patientenalter eine zentrale Rolle. Die Entscheidung muss daher meist individuell getroffen werden.

Bei Grillunfällen trifft es häufig Kinder. Geht man in diesen Fällen anders vor als bei Erwachsenen? 

Grundlegend unterscheidet sich das Vorgehen bei Erwachsenen und Kindern nicht, jedoch gilt es, einige Besonderheiten zu beachten: Bei Kindern muss in der Primärversorgung ein Hauptaugenmerk auf den Wärmeerhalt und eine adäquate Analgesie gelegt werden. Zudem ist die Nachsorge der Verbrennungen eine große Herausforderung, da sie die Patienten häufig ein Leben lang begleitet. Man braucht vor allem ein gut funktionierendes Team aus medizinischem Pflegepersonal, Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Kinderpsychologen und Orthopädietechnikern, um eine optimale Nachbehandlung zu gewährleisten.

Mit welchen Schwierigkeiten muss man im Rahmen der Nachsorge rechnen? 

Das häufigste Problem bei der Nachsorge ist – wie bereits angesprochen – die Narbenbildung. Neben einer optimalen chirurgischen Therapie der Verbrennungswunden sollte man bei der Nachbehandlung auf eine ausreichende Pflege der Narben mit fetthaltigen Externa achten. Bewährt haben sich Präparate, die Dexpanthenol enthalten. Dies kombiniert man mit einer Kompressionstherapie der Narbenareale, um eine Hypertrophie der Narben zu vermeiden. Eine Kompressionstherapie kann auch mit Silikonprodukten kombiniert werden, z.B. Auflagen, die das Narbengewebe weich halten.

Quelle: Medical-Tribune-Interview