Anzeige

Nahrungsmittelintoleranzen Was zu tun ist, wenn Lebensmittel nicht vertragen werden

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Meteorismus, Flatulenz, Bauchschmerzen und Diarrhöen dominieren das Symptombild. Meteorismus, Flatulenz, Bauchschmerzen und Diarrhöen dominieren das Symptombild. © iStock/ ipopba
Anzeige

Nahrungsmittelintoleranzen sind zwar nicht gefährlich, aber überaus lästig. Eine frühzeitige Diagnose kann Betroffenen viel Leid ersparen.

In Deutschland leiden etwa 10–20 % der Menschen an einer Intoleranz gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln. Dabei handelt es sich um nicht-immunologische Reaktionen, die z.B. durch Enzym-oder Transporterdefizite ausgelöst werden. Unverträglichkeiten verursachen intestinale Beschwerden,aber keine Anaphylaxien.

Am häufigsten treten Unverträglichkeiten für bestimmte Zuckerarten wie Laktose und Fruktose auf. Auch die Histaminintoleranz und die Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) werden zu dieser Krankheitsgruppe gezählt. Gleiches gilt für Pseudoallergien, die IgE-unabhängig Mastzellen aktivieren und meist durch Zusatzstoffe wie Sulfide, Tartrazin und Glutamat (Chinasyndrom) ausgelöst werden, schreibt Prof. Dr. Stephan Bischoff vom Institut für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Meteorismus, Flatulenz, Bauchschmerzen und Diarrhöen dominieren das Symptombild. Bei Histaminintoleranz treten zusätzlich allergieähnliche Symptome wie Kopfschmerz, Hypotonie und Erytheme auf. Patienten mit Pseudoallergien entwickeln oft innerhalb weniger Minuten Hitzewallungen, Engegefühl und epigastrische Beschwerden.

Auf Warnsignale wie Fieber und Gewichtsverlust achten

Die Diagnostik der Nahrungsmittelunverträglichkeiten basiert auf einer Kombination von strukturierter Anamnese (Beschwerdebild, Zusammenhang mit Mahlzeiten) und einer gastrointestinalen Ausschlussdiagnostik. Dabei ist neben benignen Erkrankungen (Reizdarm, intestinale Dysbiose) auch nach Malignomen und chronisch-entzündlichen bzw. infektiösen Darmerkrankungen zu fahnden. Als Warnsignale gelten Blut im Stuhl, Fieber und Gewichtsverlust. Zum Nachweis einer Zuckerintoleranz eignen sich die entsprechenden H2-Atemtests.

Die Diagnose der Histaminintoleranz gründet in erster Linie auf einem Ernährungs- und
Symptomtagebuch
. Diaminoxidase-Werte unter 10 IU/l wecken zwar den Verdacht auf die Erkrankung, allerdings sollte zusätzlich das Plasmahistamin bestimmt werden. Denn nur das Zusammentreffen von erhöhtem Amingehalt und niedrigem DAO-Spiegel ist wahrscheinlich diagnostisch relevant.

Der Nachweis der Weizenintoleranz basiert mangels spezifischer Laborwerte auf dem Ausschluss von Allergie und Zöliakie. Zur Absicherung der Diagnose empfiehlt Prof. Bischoff einen verblindeten, placebokontrollierten Provokationstest.

Therapeutikum der Wahl bei den verschiedenen Formen der Intoleranz ist die gezielte Elimination der auslösenden Lebensmittel, was am sichersten mit einer qualifizierten Ernährungsberatung gelingt. Langfristige Diäten sollten nur durchgeführt werden, wenn sie die Beschwerden deutlich reduzieren und keine Malnutrition bewirken.

Laktose als Trägersubstanz in Tabletten unproblematisch

Patienten mit Laktoseintoleranz müssen meist nicht vollständig auf Milchprodukte verzichten. Die Mehrzahl der im 50-g-Laktose-Toleranztest pathologisch Getesteten verträgt eine einmal aufgenommene Menge von bis zu 12 g und eine über den Tag verteilte Dosis von bis zu 18 g. Um eine ausreichende Kalziumzufuhr zu gewährleisten, sollten die Betroffenen Milchprodukte in laktosefreier Form verzehren. Die in Medikamenten als Trägersubstanz enthaltenen Laktosemengen (< 1 g) sind so gering, dass diese problemlos eingenommen werden können.

Auch die erworbene Fruktoseintoleranz erfordert i.d.R. keine vollständige Elimination. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen genügt es meist, auf gesüßte Getränke, Naschereien sowie große Mengen Obst und Honig zu verzichten. Der Verzehr von Gemüse und ein bis zwei Obstportionen täglich bleiben erlaubt und sollten aus gesundheitlichen Gründen auch empfohlen werden. Eine verbesserte Fruchtzuckerabsorption lässt sich durch den Konsum von Nahrungsmitteln erreichen, die gleichzeitig Glukose enthalten. Eine lebenslang streng fruktosefreie Diät ist nur bei der hereditären Intoleranz indiziert.

Bei sonstigen Zuckerintoleranzen (Sorbit, Xylit etc.) genügt ebenfalls eine Reduktion der auslösenden Kohlenhydrate. Viele Patienten mit Zuckerunverträglichkeit sprechen auch gut auf eine Low-FODMAP-Diät an. Diese erfordert allerdings eine qualifizierte Ernährungsberatung.

Die Therapie der Histaminintoleranz basiert auf vier Komponenten: An erster Stelle steht eine Ernährung, die nur eine geringe Menge dieses biogenen Amins enthält, da dieses zu etwa 50 % exogen zugeführt wird.

Präventive Maßnahmen sind bislang nicht bekannt

H1-Rezeptorblocker können die Wirkung des endogen gebildeten Histamins verringern. Der Nutzen von H2-Antagonisten ist umstritten, da diese auch die Diaminooxidase (DAO) als wichtigstes Abbauenzym hemmen können. Bei einem Mangel an den Vitaminen B6 und C, die als Koenzyme der DAO fungieren, empfiehlt Prof. Bischoff die Supplementierung. Auch eine DAO-Substitution kann sinnvoll sein. Zudem
sollte die Medikation überprüft werden. Wirkstoffe wie Chloroquin, Clavulansäure, Cimetidin und Verapamil hemmen das histaminabbauende Enzym. Für Patienten mit Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität ist die glutenarme Ernährung (< 100 mg/d) derzeit noch die einzige Therapieoption. Maßnahmen zur Prävention von Nahrungsmittelintoleranzen sind bisher nicht bekannt.

Quelle: Bischoff SC. Internist 2022; 63: 281-290; DOI: 10.1007/s00108-021-01257-w