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Episklerale Tätowierungen Wenn das mal nicht ins Auge geht

Autor: Dr. Dorothea Ranft

So stellen sich die Kunden wohl das Ergebnis vor. Die Realität nach der episkleralen Tätowierung sieht oft anders aus. So stellen sich die Kunden wohl das Ergebnis vor. Die Realität nach der episkleralen Tätowierung sieht oft anders aus. © Africa Studio – stock.adobe.com
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Gewöhnliche Tätowierungen reichen so manchem Bodymodification-Fan nicht mehr aus. Immer neue Körperteile rücken in den Fokus. Z.B. die Augen. 

Tattoos werden inzwischen auch im Auge gestochen. Dabei unterschätzen die Kunden das massive Risiko, wie das Beispiel eines 32-jährigen Patienten zeigt. Der Mann erschien eine Woche nach seinem Bindehauttatoo mit Schmerzen, eitriger Sekretion und einem Bindehautinfiltrat in der Notaufnahme. Auf dem linken Auge bestand nur noch eine Lichtwahrnehmung. Die operative Exploration zeigte das gesamte Ausmaß: konjunktivaler Defekt, großflächige Sklerenatrophie mit Prolaps gelblicher nekrotischer Aderhaut und Endophthalmitis, schreiben Dr. Helena Blum von der Augenklinik Berlin-Marzahn und Kollegen. Nach i.v. Antibiotika und Prednisolon entließen sie den Mann nach sechs Tagen schmerzfrei, aber mit persis­tierender Visuseinschränkung, in die ambulante Betreuung. 

Hersteller warnt vor Anwendung am Auge

Bei der inzwischen international verbreiteten Augapfeltätowierung injiziert der Tätowierer die Farbe subkonjunktival mit einer feinen Kanüle durch die Bindehaut, um eine flächenhafte permanente Sklera­färbung zu erreichen. Neben mechanischen Schäden kann es auch zu einer Immunreaktion auf die Tattoofarbe kommen, mit schwerer okulärer Entzündung. 

Die begeleitende Endophthalmitis bei dem Patienten wurde vermutlich ausgelöst durch eine versehentliche intravitreale Farbstoffgabe. Die massive Atrophie spricht für eine toxische Wirkung des verwendeten blauen Farbstoffs. Zwar fehlt bisher ein direkter Toxizitätsnachweis, jedoch warnt der Hersteller vor einer Anwendung im Augenbereich.

Die Gruppe um PD Dr. Frank Ramsthaler von der Universität des Saarlandes in Homburg untersuchte die Häufigkeit episkleraler Tätowierungen in einer Studie. 58 der zufällig ausgewählten Studios in sechs europäischen Ländern antworteten. Neun von ihnen hatten Eyeball-Tattoos in ihrem Angebot bzw. konnten einen Tätowierer vermitteln. Die übrigen Studios lehnen diese Tattooform ab. Vier Studios schätzten die Nachfrage auf 10 bis 20 Eingriffe im Jahr, die übrigen fünf erhielten nach eigener Auskunft nur sporadische Anfragen. Problematisch sehen die Autoren neben der bisher unbekannten Rate der Komplikationen v.a. deren berichtete Schwere.

Quelle: 1. Blum H et al. Z prakt Augenheilkd 2023; 44: 25-28
2. Ramsthaler F et al. Rechtsmedizin 2022; 32: 362-373; DOI: 10.1007/s00194-022-00562-4