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Wie digitale Technologien den Arzt- und Patientenalltag verändern

Autor: Manuela Arand

So nützlich Online-Sprechstunden aktuell sind, sollte man nicht vergessen, dass Onlinegespräche zwischen Arzt und Patient geübt sein wollen. So nützlich Online-Sprechstunden aktuell sind, sollte man nicht vergessen, dass Onlinegespräche zwischen Arzt und Patient geübt sein wollen. © iStock/FatCamera
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Die Telemedizin hat sich etabliert, auch aufgrund der Coronapandemie. Vieles von dem, was vor einigen Jahren noch als Utopie erschien, funktioniert schon. Noch mehr steht in den Startlöchern. Nicht alle Ärzte sind begeistert von dieser Entwicklung.

Eigentlich könnte die digitale Praxis der Zukunft bereits Realität sein, meinte Professor Dr. Matthias Paul, UKM Marienhospital Steinfurt. Terminvereinbarungen z.B. laufen in vielen Praxen bereits online. Die Anamnese wird vereinfacht, wenn der Patient Fragebögen am Computer oder Handy ausfüllt und digital übermittelt. Patienten bringen Smartphones und Smartwatches mit, die biostatistische Daten von Herzfrequenz und -rhythmus über Blutdruck bis hin zur Sauerstoffsättigung nicht nur aufzeichnen, sondern per Bluetooth an den Praxisserver weiterreichen.

Darüber hinaus lassen sich die in der Gesundheits-App gespeicherten Informationen zum Medikationsplan mithilfe der Praxissoftware automatisch aktualisieren, wenn Patient und Arzt dies wünschen. „Lästige Telefonate und Hinterherhaken von Medikationsaktualisierungen könnten somit entfallen“, kommentierte der Kardiologe. Last but not least gibt es handliche Ultraschallgeräte, deren integrierter Schallkopf Herz, Gefäße und Abdomen mit gleicher Qualität darzustellen vermag. Auch diese Daten lassen sich per Smartphone mit dem Arzt teilen, der live online zuschauen kann. Auch wenn all das bereits existiert, wird die breite Implementierung sicher Zeit brauchen. Unter anderem klemmt es noch an Schnittstellen zur Praxissoftware.

Empathie lässt sich per Video schwerer erzeugen

„Wie kommt es, dass Telemedizin noch nicht Thema Nr. 1 ist?“, fragte Prof. Paul. Eine Antwort liefern Umfragen unter Ärzten, denen zufolge die Begeisterung für digitale Unterstützung der eigenen Arbeit nur langsam zunimmt. Da unterscheiden sich Haus- und Fachärzte kaum, und auch das Alter der Kollegen spielt keine wesentliche Rolle.

Potenzial bei implantierten Devices ungenutzt

Für die Betreuung von Patientenmit implantierbarem Kardioverter/Defibrillator oder CRT*-System empfiehlt die European Society of Cardiology schon seit 2013 das Telemonitoring. In Deutschland ist das bisher schlecht umgesetzt, obwohl die Praxispräsenztermine dadurch um drei Viertel reduziert werden könnten. Nur jeder fünfte der rund 250.000 betroffenen Patienten ist in eine solche Betreuung eingebunden. Ein Grund dürfte darin liegen, dass nicht alle Krankenkassen für die Übertragungstechnik aufkommen.

* kardiale Resynchronisationstherapie

Sprunghaft zugenommen hat im Zuge der Coronapandemie der Einsatz von Videosprechstunden. Nutzten in Deutschland 2017 weniger als 2 % der Mediziner diese Möglichkeit, waren es im Mai 2020 mehr als die Hälfte. So nützlich dieses Instrument aktuell ist, sollte man aber nicht vergessen, dass Onlinegespräche zwischen Arzt und Patient geübt sein wollen, empfahl Prof. Paul. Das gilt ganz besonders dann, wenn es schlechte Nachrichten zu übermitteln gibt. Empathie lässt sich per Video nun einmal schwerer erzeugen als im direkten Kontakt. Wenn man es richtig angeht, profitieren die Patienten. Eine gute Betreuung per Telemonitoring kann z.B. nach einem Myokardinfarkt, bei chronischer Herzinsuffizienz oder bei Arrhythmien gelingen, was nachweislich sowohl der Lebensqualität zugute kommt als auch harte medizinische Endpunkte reduziert.

Quelle: 87. Jahrestagung der DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (Online-Veranstaltung)