
Dermatologie & Innere Medizin Wie Hautsymptome auf lebensbedrohliche Lebererkrankungen hinweisen

Ein eindrucksvoller Befund überraschte die behandelnden Dermatologen. In die Klinik gekommen war die Patientin wegen eines Herpes zoster. Ihre ausgeprägten Gefäße auf Bauch und Brust im Sinne eines Caput medusae hatten sie bislang wenig beunruhigt.
Hautbrennen und Juckreiz in Schulter und am rechtem Arm führten eine 83-jährige Frau in die Helios St. Elisabeth Klinik in Oberhausen. Wie Sven Burmann und Kollegen berichten, bestanden die Symptome nach Angaben der Patientin bereits seit zwei Wochen und seien erstmalig aufgetreten. In Bereich der Dermatome C4 bis T2 fielen flächige Erytheme sowie teils disseminierte, teils konfluierende Erosionen und Verkrustungen auf.
Die Diagnose Herpes zoster war schnell gestellt. Beeindruckender fanden die Hautärzte allerdings den Nebenbefund. Im Bereich von Brust und Bauch schlängelten sich dilatierte Venen mit Kaliberschwankungen und mit beachtlichem Ausmaß. Diese Veränderungen hatten bei der normalgewichtigen Patientin bisher keine Symptome verursacht und sie scheinbar auch optisch nicht gestört.
Über die Patientenhistorie bekannt war, dass ein langjähriger Alkoholabusus und eine Leberzirrhose vorlagen. Eine Hepatitis, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung oder Autoimmunerkrankungen verneinte die Frau. Die geschlängelten Venen entsprachen dem Bild eines Caput medusae – die Gorgone stand Pate für diese Bezeichnung wegen ihrer Schlangenhaare. Am häufigsten treten derart erweiterte Venen infolge einer Leberzirrhose auf, die bei der Patientin vorlag.
Bei der Caput medusae bildet sich durch eine portale Hypertension ein Umgehungskreislauf im Bereich v.a. der periumbilikalen Venen, die sich durch den erhöhten Druck erweitern. Neben einer Leberzirrhose kommt auch eine Pfortaderthrombose als Auslöser infrage. Eine Differenzialdiagnose bei Caput medusae ist die Obstruktion der Vena cava superior (SVC-Syndrom). Dazu kommt es u. a. bei Bronchialkarzinomen.
Die Therapie der Wahl zur Verminderung des portalen Drucks besteht in der Gabe des Betablockers Propranolol. Zudem muss die Grunderkrankung angegangen werden. Das Management von portaler Hypertension und Aszites hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich verbessert. Da es sich in der Regel aber um eine progrediente Erkrankung handelt, sollte man – insbesondere bei dekompensierter Zirrhose – frühzeitig über eine Lebertransplantation nachdenken, schreiben die Oberhausener Dermatologen. Meist stellt sie die einzige kurative Therapie dar.
Neben Nabelvenen kann der erhöhte Druck im portalvenösen System auch zu Anastomosen über die Ösophagus-, Rektum- und Kolonvenen führen. Weil Ösophasgusvarizen zur Blutung neigen, sollte man dies gezielt endoskopisch abklären, empfiehlt das Autorenteam. Ob Patientinnen und Patienten mit Leberzirrhose mit einem erhöhten Risiko für eine Herpes-zoster-Erkrankung rechnen müssen, weiß man bislang nicht. Fest steht, dass sich der Anteil der Menschen, die vollständig gegen Herpes zoster geimpft sind, mit 7,7 % derzeit noch auf einem niedrigen Stand befindet.
Quelle: Burmann S, Wehry UP, Kreuter A. „83-jährige Patientin mit auffälligen Gefäßveränderungen an Bauch und Brust“, Dtsch Med Wochenschr 2025; 150: 605-606; doi: 10.1055/a-2497-6626 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York