
Publikationsmangel Wie oft Studien unvollendet oder unveröffentlicht bleiben – und was helfen könnte

Wie stehen eigentlich die Chancen, dass eine klinische Studie sowohl vorschriftsgemäß angemeldet als auch plangemäß zu Ende geführt und öffentlich publiziert wird? Dr. Benjamin Speich vom Universitätsklinikum Basel und weitere Forschende werteten das Schicksal von 347 prospektiven RCT aus, die im Jahr 2016 in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland oder Kanada die Zustimmung einer Ethikkommission erhielten. Bei etwa der Hälfte davon handelte es sich um industriefinanzierte Untersuchungen (52,2 %).
94,2 % der RCT wurden registriert, allerdings 5,0 % der industriellen und 14,5 % der nichtindustriellen Projekte erst retrospektiv nach Rekrutierungsbeginn. Die Verantwortlichen beendeten 31,1 % der Studien vorzeitig, am häufigsten aufgrund von Problemen bei der Rekrutierung (45,4 %). Letzteres traf auf industriefinanzierte RCT im Vergleich deutlich seltener zu (adjusted Odds Ratio 0,32; 95%-KI 0,15–0,71). Organisatorische und strategische Gründe sowie Vergeblichkeit verantworteten 12,0 % bzw. 11,2 % der Abbrüche.
Nichtpublikation bleibt Problem
Insgesamt waren die Ergebnisse von 79,5 % der betrachteten Studien nach 8,5 Jahren öffentlich verfügbar, als Publikation mit Peer-Review-Verfahren und/oder in einem Register. Auch in dieser Hinsicht schnitten industriefinanzierte Untersuchungen besser ab (91,7 % vs. 66,3 %; aOR für Nichtpublikation 0,18). Das lag vor allem daran, dass eine Erfassung in Studienregistern bei nichtindustriellen RCT die Ausnahme darstellte (10,2 % verglichen mit 84,5 %). Vorzeitig beendete Studien hatten ein knapp fünffach höheres Risiko, nicht publiziert zu werden (OR 4,87).
Wie die Autor:innen betonen, hat sich die Verfügbarkeit der Resultate im Vergleich zu den frühen 2000ern deutlich verbessert. Allerdings änderte sich seit 2012 nichts daran, dass ein Viertel der nichtindustriefinanzierten Untersuchungen nicht prospektiv registriert wird. Auch die Rate der Studienabbrüche blieb in den vergangenen zwei Jahrzehnten stabil.
Dr. Speich und Kolleg:innen sehen sich bestätigt, dass eine fehlende oder verspätete Registrierung, vorzeitige Studienabbrüche und eine Nichtpublikation der Ergebnisse weiterhin Herausforderungen darstellen, vor allem in nichtindustriellen RCT. Sie empfehlen, dass Geldgeber eine erfolgreiche Pilotstudie verlangen und die Wissenschaftler:innen zur Veröffentlichung ihrer Ergebnisse verpflichtet werden sollten. Das Einpflegen von Daten in Studienregister sei wiederum potenziell mit großem bürokratischem Aufwand verbunden und es brauche pragmatische Lösungen. Dies könne beispielsweise umfassen, Registereinträge direkt mit einem Journalartikel zu verlinken.
Quelle:
Speich B et al. JAMA Netw Open 2025; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2025.24440