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Wimpernserum: „Prostaglandinanaloga in Kosmetikprodukten sollten verboten werden!“

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Den Seren für Wimpern oder Brauen wird oft Prostaglandin F2α zugesetzt. Den Seren für Wimpern oder Brauen wird oft Prostaglandin F2α zugesetzt. © fotolia/Dimid; fotolia/Vidady
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Neue Wimpernseren mit Prostaglandinanaloga versprechen ein tolles Haarwachstum. „Der Wirkstoff wurde extra aus der Glaukomforschung adaptiert“, heißt es dazu in der Werbung. Doch wer die Pracht aufpeppen will, klebt besser künstliche Härchen an.

Eine manifeste Hypotrichose kann zum Beispiel bei Neurodermitis, anderen Ekzemen, Schilddrüsendysfunktion, nach Chemotherapie oder bei Mangelzuständen (Zink, Eisen, Biotin) vorliegen. Nachdem man bei Ophthalmika, die Prostaglandin oder dessen Analoga enthalten, ein vermehrtes Haarwachstum beobachtet hatte, kamen sie auch gegen den Minderwuchs zum Einsatz, schreibt Professor Dr. Christiane Bayerl von der Klinik für Dermatologie und Allergologie an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden.1

Mehrere klinische Studien belegten den klinischen Effekt, sodass Bimatoprost in den USA schon seit rund zehn Jahren die Zulassung zur Behandlung der Wimpernhypotrichose besitzt. In Deutschland gibt es derzeit kein derartiges Präpärat für diese Indikation, erklärt Prof. Bayerl im Gespräch mit Medical Tribune.

Skeptisch werden, wenn etwas dichtere Wimpern verspricht

Wie genau die Substanzen auf diesem Gebiet wirken, ist noch nicht bekannt. Möglicherweise prolongieren sie die Anagenphase, was die Wimpern verlängert, und lassen die Härchen dank gesteigerter Melanogenese stärker dunkeln. Über die Wirkung am Prostaglandinrezeptor im Follikel könnten die Zilien auch dicker werden.

Aus der medizinischen Anwendung sind einige Nebenwirkungen bekannt. Bei der Hälfte der Patienten kommt es zur konjunktivalen Hyperämie, 3–10 % erleben eine periorbitale Hyperpigmentierung und Pigmentierung der Iris. Darüber hinaus gibt es Beschreibungen über hervorquellendes Fett rund ums Auge, während es in der Nähe des Bulbus zurückgeht, das Sehorgan sinkt ein. Manchmal vertieft sich die Lidfalte, die Augen jucken oder es bilden sich Ödeme in den Lidern.

Nun hat auch die Kosmetik­industrie die Prostaglandin-Analoga für sich entdeckt und setzt sie Tusche oder Seren für Wimpern- und Brauen zu. Verbraucherinnen können das oft an der „Auslobung“ des geförderten Wachstums erkennen, wenn ein Wimpernhaarwuchsmittel perfekte, längere und dichtere Wimpern verspricht. Meist handelt es sich dabei um Verwandte des Prostaglandin F2α. In einem Fall kam es darunter zu einer Depigmentierung rund um erweiterte Blutgefäße – statt der sonst publizierten vermehrten Färbung. Aufgrund der Strukturähnlichkeit der Wirkstoffe mit den Ophthalmika ist aber sonst von einem vergleichbaren Nebenwirkungsspektrum auszugehen.

Prostaglandin-F2α-Analoga gehören weder in Kosmetika noch sollten sie von Dermatologen als Haarbooster rund ums Auge empfohlen werden, so die Mahnung von Prof. Bayerl. Leider gibt es noch keine weniger gefährlichen Analoga als die zum F2α.

Januskinase-Inhibitoren als Alternative?

Prof. Bayerl würde sich daher wünschen, dass die Behörden den kosmetischen Einsatz dieser Substanzen unterbinden. Hoffnungen setzen Dermatologen stattdessen auf Januskinase-Inhibitoren, die derzeit in Studien zur Alopecia areata untersucht werden. Zur topischen Anwendung fehlen aber Daten und letztlich Kenntnisse über potenzielle Nebenwirkungen.

1. Bayerl C. Akt Dermatol 2018; 44: 531-532