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Kontaktallergene Gefahren lauern in Kosmetika, Medizindevices und Acrylnägeln

Autor: Dr. Susanne Gallus

Einige Zusatzstoffe in Kosmetika und Medizinprodukten können Kontaktallergien auslösen. Einige Zusatzstoffe in Kosmetika und Medizinprodukten können Kontaktallergien auslösen. © New Africa – stock.adobe.com
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Aufgrund zunehmender Kontaktallergien wurden Isothiazolinone aus Kosmetika verbannt. Neue Konservierungsmittel bieten zwar eine Alternative, haben aber ebenfalls Allergiepotenzial. Außerdem sollte man weiterhin die Acrylate im Blick haben – egal ob auf dem Nagel, auf der Haut oder im Zahn.

In den letzten Monaten wird vermehrt über Kontaktallergien auf Anti­septika und Konservierungs­stoffe berichtet. Das überrascht Prof. Dr. Thomas Rustemeyer­, Dermatologe am Amsterdam UMC, nicht. Denn nachdem die Isothiazolinone zur Konservierung von Kosmetika in der EU weitgehend verboten wur­den – bis dahin waren sie in bis zu 80 % der Produkte enthalten – hat man auf Alternativen gesetzt. Beispielsweise auf Chlorphenesin, für das die Meldungen über allergische Reaktionen wieder häufiger werden.

Um nach dem Isothiazolinonverbot nicht vom Regen in die Traufe zu kommen, ist es daher wichtig, Fälle von neuen Kontaktallergenen publik zu machen und das Ganze zu monitoren, hob der Referent hervor. 

Reaktionen auf Kunstnägel sind erst der Anfang 

Einen regelrechten Allergentrend setzten Acrylnägel. 2-HEMA-Mono­mere können lokal begrenzte Ekzeme oder systemische Reaktionen verursachen. Betroffenen zu sagen, sie müssten fortan nur auf Kunstnägel verzichten, greift allerdings zu kurz. Denn Acry­late verwendet man u.a. auch in der Zahnmedizin (Kunststofffüllungen), für Knochenze­ment, in Hörgeräten und in weichen Kontaktlinsen. Die Reaktionen auf Zahnfüllungen halten zwar nur so lange an, bis alle Monomere polymerisiert sind, aber in diesem Zeitraum können sie sehr stark ausfallen. 

Acrylate wie Isoboronylacrylat (IBOA) werden außerdem noch in vielen Medizingeräten eingesetzt (z.B. CGM-Geräte zur Blutzuckermessung) und sorgen bei Patienten für kontaktallergische Reaktionen. Dabei wird das IBOA nicht unbedingt als Hautkleber verwendet, sondern für die Geräte selbst. „IBOA zeigt selten Kreuzreaktionen mit anderen Methacrylaten und wurde daher bisher immer übersehen“, erläuterte Prof. Rustemeyer. Als Testsubstanz werde seit 2020 eine 0,3%ige Lösung empfohlen. Seine Abteilung teste auch 0,5 %, fügte er hinzu. Außerdem sei es wichtig, auch auf die Spätreaktionen zu achten. 

Trotz eines negativen Tests auf IBOA darf man Geräte nicht pauschal als Allergenquelle ausschließen. So traten 2020 plötzlich Reaktionen auf ein IBOA-freies Device auf, weil man in der Produktion anfing, MBPA* zu nutzen. „Manchmal ändert die Indus­trie Dinge, ohne darüber ausreichend aufzuklären“, warnte der Experte. MBPA ist nicht der letzte Problemfall. Seit einiger Zeit berichten Patienten von Ekzemen, reagieren aber nicht auf die getesteten Acrylate. Ein Verdächtiger in diesen Fällen ist Kolophonium (bzw. Derivate wie Methyl-Dehydroabietat), das in Gehäusen, in Hautschutztüchern zur Verbesserung der Adhäsion und in Hydrokolloidverbänden verwendet wird. Für die Auslösersuche ist es deshalb wichtig, nach Wipes und Pflastern zu fragen, und danach, ob sich das Ekzem nach deren Verwendung verschlimmert.

Neben Klebern können auch andere Bestandteile von medizinischen Geräten oder Implantaten als Allergen fungieren:

  • Metalle (Platin) aus implantierten Messsensoren (zeigen i.d.R. typische lokale Reaktionen)

  • Metall oder Polymere, die in Koronarstents verwendet werden (bei Reaktion droht eine Restenose) 

  • Legierungen wie Nitinol (wird  bei endoskopischer Lungenvolumenreduktion oder in intrauterinen Devices verwendet)

Schließlich gibt es noch indirekte Gefahren. So darf das für Kosmetika verbotene Benzisothiazolinon weiter in Verpackungsmaterial enthalten sein – und gelangt womöglich auf diese Weise ins Produkt. Und das ebenfalls für Kosmetika verbotene Octylisothiazolinon ist in zahlreichen industriellen Produkten vertreten. Daher kann ein Patient z.B. auf den Ledersitz im Auto, Schuhe oder das Sofa allergisch reagieren.

* 2,2‘-Methylenebis(6-tert-butyl-4-methyl­phenol)monoacrylat) 

Quelle: 31st EADV Congress