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Parasitose Würmer als Untermieter sind mehr als eine Zumutung

Autor: Dr. Angelika Bischoff/Tobias Stolzenberg

Humanbandwürmer verursachen neben Bauchschmerzen oft Appetitlosigkeit und 
Heißhunger im Wechsel. Humanbandwürmer verursachen neben Bauchschmerzen oft Appetitlosigkeit und Heißhunger im Wechsel. © merklicht.de– stock.adobe.com
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Humanpathogene Band- und Fadenwürmer können teils Monate oder gar Jahre im Menschen leben und großen Schaden anrichten. Ist der Übeltäter aber erst einmal ausgemacht, lässt sich seinem verborgenen Treiben schnell ein Ende setzen. 
 

Eine der Wurmerkrankungen, mit denen es auch Hausärzte hierzulande immer wieder zu tun haben, ist die ­Toxocariasis. Ausgelöst wird die Parasitose durch verschiedene Fadenwürmer (Nematoden) der Gattung ­Toxocara, die neben dem Menschen auch Hunde, Katzen und andere Säuger befällt. Gleichfalls von Bedeutung sind ­Taeniasis und ­Zystizerkose, verursacht vor allem durch den Rinder- bzw. durch die Larven des Schweinebandwurms. Nematoden der Gattung ­Trichinella, die parasitisch in Vögeln und Säugetieren einschließlich des Menschen leben, lösen die Trichinose aus. 

Die bevorzugt befallenen Organe und die Vermehrungszyklen unterscheiden sich von Wurm zu Wurm. Meist erfolgt die Ansteckung über infiziertes rohes oder halbgares Fleisch, ungewaschenen Blattsalat oder fäkalienverdrecktes Obst und Gemüse, oder den direkten Kontakt mit infizierten Haus- oder Wild­tieren.

Die Symptome der Wurm­infektionen sind meist recht unspezifisch, erläutert Prof. Dr. ­Heinz ­Mehlhorn vom Fachbereich Biologie an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität. Es ist daher entscheidend, Patienten mit unspezifischen Beschwerden konkret nach Ernährungsgewohnheiten, nach Auslands­aufenthalten und dem Kontakt zu Tieren zu fragen. 

Toxocara-Spezies

Endwirte für die verschiedenen Nematoden der Gattung Toxocara sind Fleischfresser, die oft im direkten Umfeld des Menschen leben, etwa Hunde und Katzen, aber auch Wölfe, Füchse und Kojoten. Die infizierten Tiere scheiden mit dem Kot die widerstandsfähigen Wurmeier aus, die der Mensch über den Mund aufnimmt. Im Darm schlüpfen die fadenförmigen Larven. Der Mensch ist Fehlwirt für die Spulwürmer, weshalb die Parasiten bei ihm in der Regel nicht bis zur Geschlechtsreife kommen, sondern als 1–5 mm große ­Larva ­migrans durch den Körper wandern. Nach einer Inkubationszeit von 2–3 Wochen zeigen sich Husten, Myalgie, Pruritus und Vaskulitis, Hautauschlag und Ekzeme. Je nach aufgenommener Menge an Wurmeiern verursachen die Larven starkes Fieber und deutliche Eosino­philie, Darm-, Herz-, Leber- und Lungenbeschwerden. 

Es kann zu Augenschäden bis hin zur Erblindung kommen, bei geschwächten Menschen und Massenbefall auch zum Tod. Milde Infektionen bleiben häufig zunächst unbemerkt, können aber im Verlauf großen Schaden anrichten.

Mit serologischen Verfahren wie ­ELISA und indirektem Immunfluoreszenztest lassen sich nur 70–80 % der Infektionen erkennen. Wegweisend ist die hohe Blut­eosinophilie. Therapeutisch wirksam sind ­Albendazol und ­Tiabendazol. Entzündungen und Granulombildungen lässt sich mit zusätzlichen, systemischen Kortikosteroiden ­begegnen.

Trichinella-Spezies

Mit den Nematoden der Gattung ­Trichinella, allen voran die weltweit verbreitetete Art T. ­spiralis, infiziert sich der Mensch über rohes oder halbgares, larvenhaltiges Muskelfleisch verschiedener Fleisch- und Allesfresser, besonders häufig über Schweinefleisch. Die Larven wachsen im Darm des Menschen zu den getrenntgeschlechtlichen Würmern heran. Begattete Weibchen setzen sich im Darm fest und geben über 4–6 Wochen Larven ab. Diese verteilen sich mit dem Blutstrom im Körper und dringen in Muskelzellen ein, wo sie jahrelang überdauern können.

Nach 5–7 Tagen, mitunter erst vier Wochen ­nach der Infektion, treten die typischen Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall und partielle Muskellähmungen auf. Der Zeitraum, innerhalb dessen die Erkrankung entdeckt wird, und das Ausmaß der Beschwerden hängt von der Anzahl aufgenommener Larven ab. Schwache Infektionen bleiben oft unbemerkt, extremer Befall kann zum Tod führen. Bei schwerem Verlauf treten nach 6–10 Tagen Gesichts­ödeme, Fieber über Tage oder Wochen, Muskelschmerzen und Lungenentzündung auf. 

Ausgeprägte Pneumonie, deutlicher Anstieg der Kreatinkinase und hochgradige Blut­eosinophilie machen eine ­Trichinose sehr wahrscheinlich. Mittels ­ELISA und indirektem Immunfluoreszenztest lassen sich schon kurz nach der Infektion Antikörper nachweisen. Auch der indirekte Häm­agglutinationstest gilt als zuverlässig. Die Behandlung im akuten Stadium sollte zügig erfolgen, effektiv sind ­Albendazol, ­Mebendazol und ­Tiabendazol.

Humanbandwürmer

Für Rinder- (­Taenia ­saginata), Schweine- (T. ­solium) oder Fischbandwurm (Diphyllo­bothrium ­latum) ist der Mensch Endwirt. Am häufigsten infiziert er sich durch unzureichend gegartes Fleisch oder rohen Fisch mit den Larven der Bandwürmer. Im Darm wachsen die Larven, die bei den Taenia-Arten auch Zystizerken genannt werden, zu den adulten, langlebigen und zwittrigen Tieren heran. Daneben kann eine Infektion mit Wurmeiern über verschmutzte Nahrung erfolgen. 

Haben sich adulte Würmer im Darm festgesetzt, vergehen etwa acht Wochen bis zum Symptombeginn. Ausnahme ist der Fischbandwurm, der sich schon nach etwa drei Wochen bemerkbar macht. Bei Befall mit Taenia-­Arten finden sich nach 8–10 Wochen die ersten Bandwurmglieder, die sogenannten Proglottiden, auf dem Fäzes, beim Fischbandwurm ist dies ab der vierten Woche der Fall.  

Gewichtsverlust, Bauchschmerzen, Juckreiz im Analbereich, Appetitlosigkeit im Wechsel mit Heißhunger und Gewichtsabnahme trotz regelmäßigen Essens sind Symptome eines schweren Befalls. Hat sich der Wurm nahe des Magenausgangs festgesaugt, ist langfristig die Entwicklung einer perniziösen Anämie möglich. Die Larven sind zudem in der Lage, sich in verschiedenen Geweben abzulagern. Haben sich Zystizerken der Taenia-Spezies im Gehirn festgesetzt, kann es zu einer lebensbedrohlichen Neurozystizerkose kommen.

Die Diagnose des Taenien­befalls erfolgt über den Nachweis von Proglottiden oder Eiern im Stuhl. Zudem kann man Koproantigene mittels ­ELISA detektieren und Taenia-Zystizerken im Gehirn mittels CT und MRT nachweisen. Differenzialdiagnostisch sind Mangel- und Gallen­erkrankungen, bakterielle Infektionen oder andere Wurmparasitosen auszuschließen.

Quelle: Mehlhorn H. internistische praxis 2022; 65: 42-55 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Der Darm eines Hundewelpen, besiedelt von zahlreichen Toxocara-Würmern. Der Darm eines Hundewelpen, besiedelt von zahlreichen Toxocara-Würmern. © Mehlhorn H. internistische praxis 2022; 65: 42-55 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Das vorderen Ende eines Hundespulwurms (Toxocara canis), elektronenmikroskopische Aufnahme eines gefärbten Präparats. Das vorderen Ende eines Hundespulwurms (Toxocara canis), elektronenmikroskopische Aufnahme eines gefärbten Präparats. © Mehlhorn H. internistische praxis 2022; 65: 42-55 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach