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Lungenembolieverdacht YEARS spart Bildgebung

Autor: Manuela Arand

Ein Thrombus hat die Lungenarterie weitgehend verschlossen. Ein Thrombus hat die Lungenarterie weitgehend verschlossen. © Science Photo Library/ Biophoto Associates
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CT oder nicht CT? Das ist die Frage, wenn ein Patient mit Lungenembolieverdacht daherkommt. Ein neuer Algorithmus hilft, eine unnötige Bildgebung zu vermeiden.

Bisher werden viel mehr CT-Pulmonalisangiografien (CTPA) durchgeführt als eigentlich nötig – zur Sicherheit, schließlich will man keine Lungenembolie übersehen. Kampagnen zum Economy-Class-Syndrom und Webseiten wie preventdvt.org, auf denen Menschen furchterregende Geschichten über an Lungenembolie (LE) verstorbene Angehörige erzählen, hätten entsprechende Ängste der Ärzte verstärkt und die Zahl der CTPA in die Höhe getrieben, sagte Prof. Dr. Yonathan Freund, Universitätsklinikum Pitié-Salpêtrière, Paris. Für ihn ist dies eine absurde Entwicklung: „Normalerweise mache ich eine Untersuchung, um eine Diagnose zu sichern, nicht aus Angst.“ Trotz Zunahme der CTPA und der dadurch gefundenen Lungenembolien blieb jedoch die Zahl der Lungenembolie-Toten nahezu unverändert. Dies spricht dafür, dass ein Gutteil der zusätzlich diagnostizierten Ereignisse keiner Therapie bedurft hätte.

Ob es gelingt, überflüssige CTPA zu vermeiden, wenn man sich nach einem YEARS genannten Algorithmus richtet, prüfte Prof. Freund in der Studie MODIGLIANI. Der Algorithmus sieht zunächst drei Fragen vor:

  • Zeigt der Patient Thrombosesymptome?
  • Hustet er Blut?
  • Hält der Arzt die Lungenembolie für die wahrscheinlichste Diagnose?

Werden alle drei Fragen verneint, muss nach Aussage von Prof. Freund eine D-Dimer-Schwelle von 1.000 ng/ml überschritten werden, um eine CTPA zu rechtfertigen. Wird auch nur eine Frage mit Ja beantwortet, gilt prinzipiell ein altersadjustierter Cut-off (Lebensalter x 10), und nicht erst bei über 50-Jährigen.

Achtzehn Notaufnahmen beteiligten sich an der Studie. Getestet wurde der YEARS gegen die bisherige altersadjustierte D-Dimer-Regel, wobei die Kliniken nach vier Monaten auf die jeweils andere Strategie wechselten. Aufgenommen wurden 1.414 Patienten mit ungeklärtem Brustschmerz, Dyspnoe und/oder Synkope. Aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen blieben schwer Kranke, antikoagulierte oder Schwangere. Primärer Endpunkt waren Lungenembolien, die nicht sofort, sondern erst beim Follow-up nach drei Monaten entdeckt wurden.

80 % der Patienten in der YEARS-Gruppe hatten einen Score von 0, sodass die Bildgebung bei ihnen nur erfolgte, wenn die D-Dimere > 1.000 ng/ml lagen. „Das heißt, der Score wird das Management bei sehr vielen Patienten beeinflussen“, betonte Prof. Freund.

Insgesamt fand sich eine Lungenembolierate von 7 %, wobei neun Fälle erst bei der Nachkontrolle erkannt wurden, davon drei in der YEARS- und sechs in der Kontrollgruppe. Dazu sparte man in der Interventionsgruppe 10 % der CTPA, und die Patienten konnten fast zwei Stunden früher die Notaufnahme verlassen. Bei geringer klinischer Wahrscheinlichkeit kann die D-Dimer-Schwelle also hochgesetzt werden, ohne Patienten zu gefährden und Lungenembolien zu übersehen, so Prof. Freund. 

Kongressbericht: ERS* International Congress 2022

* European Respiratory Society