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Cholangiopathie Zirrhose von der Pandemie

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Kritisch kranke COVID-19-Patienten können eine sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC) entwickeln. Kritisch kranke COVID-19-Patienten können eine sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC) entwickeln. © iStock/sankai
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Immer wieder kommt es bei der intensivmedizinischen Therapie von COVID-19-Patienten zu Cholangiopathien. Das wird allerdings häufig übersehen.

Kritisch kranke COVID-19-Patienten können eine sekundär sklerosierende Cholangitis (SSC) entwickeln. Einen typischen Fall stellt das Team um ­Benno ­Arnstadt vom Klinikum Garmisch-­Partenkirchen vor. Ihr Patient, ein 62-jähriger Mann ohne relevante Vorerkrankungen, benötigte aufgrund einer schweren COVID-19-Pneumonie eine Langzeitbeatmung und war drei Wochen auf der Intensivstation. Im Verlauf entwickelte er eine Critical-Illness-Polyneuropathie sowie eine schwere Cholestase, deren Ursache zunächst unklar blieb. Nach Besserung der pulmonalen Situation bildete sich die neurologische Symptomatik zurück, während sich die Gallenstauung verschlimmerte.

Die Magnetresonanz-Cholangio­pankreatikographie zeigte irreguläre intrahepatische Gallenwege. Im endoskopischen Sono fielen echoreiche intraduktale longitudinale Strukturen auf. Diese sind typisch für sog. Casts (Zylinder aus abgeschilfertem Material, die die intrahepatischen Gallenwege ausfüllen) und damit für eine SSC bei kritischer Erkrankung.

Die endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) bestätigte den sonographischen Befund. Bei dieser auch therapeutisch nutzbaren Untersuchung ließen sich vollständig nekrotische Gallenwege entfernen. Aufgrund des nachweisbaren biliären Befalls mit Enterokokken und Klebsiellen erfolgte zusätzlich eine Antibiotikatherapie. Zudem wurde der Patient in ein spezielles ERC-Programm aufgenommen, um die Progression zu Zirrhose und Leberversagen zu verhindern.

ERC ist Goldstandard in der Diagnostik

Erst bei der zweiten cholangiographischen Kontrolle nach zwölf Wochen zeigte sich ein Rückgang des erhöhten Bilirubinspiegels. Es konnten keine weiteren Casts entfernt werden. Die Bakterien waren noch nachweisbar, aber ohne Hinweis auf eine inflammatorische Reaktion.

Schon länger kennt man die sekundär sklerosierende Cholangitis als Komplikation einer intensivmedizinischen Behandlung. Unklar ist derzeit, ob die Infektion mit SARS-CoV-2 einen eigenständigen Risikofaktor dafür darstellt. In jedem Fall sollte man insbesondere bei schwer kranken COVID-Patienten mit erhöhten Leberwerten an die Möglichkeit einer Cholangitis denken.

Als diagnostischer Goldstandard gilt die ERC, trotz der erheblichen Komplikationsrate. Der in diesem Fall eingesetzte endoskopische Ultraschall zeigt ebenfalls eine hohe Genauigkeit. Sein Vorteil: Er lässt sich als primäre bildgebende Dia­gnostik auch bei schwer kranken COVID-Patienten recht leicht durchführen.

Quelle: Arnstadt B, Zillinger C, Treitl M, Allescher HD. „Corona again? SSC after a severe COVID-disease“, Z Gastroenterol 2021; 59: 1304-1308; DOI: 10.1055/a-1647-3785