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Aktuelles zur Endoskopie von Ileum und Jejunum

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Die Werkzeuge für die Endoskopie bieten vielfältige Möglichkeiten in Diagnostik und Behandlung. Die Werkzeuge für die Endoskopie bieten vielfältige Möglichkeiten in Diagnostik und Behandlung. © iStock/romaset
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Kapsel und Ballon: Nein, es geht nicht um Kaffeemaschinen oder Luftausflüge, sondern um die beiden entscheidenden Werkzeuge in der Hand des Dünndarm­endoskopikers.

Etwa 1,5 m hinter dem Pylorus war lange Zeit Schluss. So weit kam man mit dem Anfang der 1990er-Jahre eingeführten Push-Enteroskop. Immerhin: „Das war schon eine Erlösung, erstmals im Dünndarm intervenieren zu können“, berichtete Dr. Claus Benz von der Gastroenterologie am Evangelischen Klinikum Köln Weyertal.

Diese Technik hat aber definitiv ihre besten Zeiten hinter sich, die Instrumente dafür werden nicht mehr hergestellt und für vorhandene exis­tiert keine Wartung. Dr. Benz gibt das System dennoch noch nicht ganz verloren, gerade in Bezug auf Blutungen. So ergab eine Studie, dass sich etwa ein Drittel aller relevanten Befunde aboral des Treitz-Bands nur mit dem Push-Enteroskop entdecken – und behandeln – ließen. Damit kann die Methode eine aufwändigere und teurere Dünndarmdiagnostik im Einzelfall überflüssig machen.

Mini-Push-Enteroskopie mit dem Kinderkoloskop

Mangels verfügbarer Instrumente riet Dr. Benz zur Mini-Push-Enteroskopie mit einem Kinderkoloskop. Dazu gibt es zwar keine Daten, aber der Gastroenterologe vermutet, dass diese Methode ebenso gute Ergebnisse erzielen kann wie die klassische. Er würde dieses güns­tige, einfache, effektive und wenig belastende Verfahren anstelle einer Second-Look-Ösophagogastroduo­denoskopie und vor Kapseln, Spiralen oder Ballons zur Entdeckung von „missed lesions“ einsetzen. „Die Push-Enteroskopie ist tot, es lebe die Mini-Push-Enteroskopie“, lautete daher sein Fazit.

Gestochen scharfe Bilder dank Kapselendoskopie

Wenn dann aber doch die Kapsel ins Spiel kommt, bedarf es der richtigen Vorbereitung. Die Darmreinigung befürworten die meisten Experten, die optimale Menge der dafür verwendeten Polyethylenglycol(PEG)-Lösung scheint einer Metaanalyse zufolge bei zwei Litern zu liegen. Die vermutlich besten Ergebnisse erzielt man durch die gesplittete Einnahme (1 l am Vorabend, 1 l nach Schlucken der Kapsel), erklärte Professor Dr. Martin­ Keuchel­, Klinik für Innere Medizin am Bethesda Krankenhaus Bergedorf in Hamburg.

Zusammen mit der Kapsel sollten die Patienten Simethicon als Entschäumer erhalten, dadurch lässt sich die Mukosa besser beurteilen. Prokinetika werden im Vorfeld nicht generell empfohlen, ihre gezielte Gabe kann bei gesicherten Magenentleerungsstörungen sinnvoll sein. Die Kapsel mag zwar gestochen scharfe Bilder liefern. Allerdings eignet sie sich lediglich zur Diagnostik und kann nicht therapeutisch genutzt werden.

Sonderfall Adenom im Zwölffingerdarm

Die Therapie von Adenomen im Duodenum stellt bis heute eine Herausforderung dar. Die starke Vaskularisierung und hauchdünne Lamina propria prädestinieren geradezu für Komplikationen, erklärte Professor Dr. Jürgen Pohl von der Gastro­Clinic an der Asklepios Klinik Altona in Hamburg. Nach endoskopischer Resektion erleidet fast ein Viertel der Betroffenen eine Blutung. „Das kann auch postprozedural geschehen, behalten Sie Patienten mit Läsionen über 2 cm daher stationär“, mahnte der Kollege. Abgesehen davon ist die Unterspritzung der Submukosa Pflicht bei der Versorgung. Man kann zudem einen second look am Folgetag erwägen. Achtung bei Angaben von Schmerzen. Hier sollten Sie umgehend und großzügig eine Bildgebung veranlassen. Prof. Pohl schilderte den tragischen Fall eines Mannes, der zwei Tage nach der Intervention über Rückenschmerzen klagte. Zu spät stellte man im CT Luft im Mesenterium durch eine Perforation fest, trotz Not-OP verstarb der Mann. Vorsicht ist auch bei Papillenadenomen geboten. Hier besteht nicht nur die Gefahr von Blutungen, sondern die einer Pankreatitis. Außerdem besitzen die Gewächse ein höheres malignes Potenzial als andere Duodenaladenome. Zur Technik der Entfernung warnte der Gastroenterologe: „Machen Sie sich immer erst die Anatomie klar und identifizieren Sie die Papille, sonst resezieren Sie sie am Ende mit.“

Seit Anfang des Jahrhunderts gibt es die Device-assistierte Enteroskopie, erläuterte Professor Dr. Martin­ Raithel­ von der Medizinischen Klinik II am Malteser Waldkrankenhaus Erlangen – zunächst mit Ballons (ballonassistierte Enteroskopie, BAE), später mit Spiralen (Spiral-Enteroskopie, SE). Bei den Ballons stellt sich die Frage: einfach oder doppelt? Laut Prof. Raithel beinahe ein philosophisches Problem. Denn beides eignet sich für alle Indikationen, Altersgruppen und erfahrene Anwender. Meist hängt die Auswahl von den persönlichen Vorlieben oder der Verfügbarkeit ab. Eine erste Metaanalyse mit einem Vergleich von Einzelballon- und Doppelballonenteroskopie (DBE) ergab Vorteile für die DBE, doch die Anzahl der eingeschlossenen Zentren mit diesem Instrument war limitiert und es handelte sich nicht um Real-World-Daten. In einer zweiten, späteren Analyse fanden sich keine relevanten Unterschiede. Mit der DBE gelingt i.d.R. eine tie­fere Insertion als mit dem Einzelballonsystem, dafür kostet sie mehr Zeit in Vorbereitung und Durchführung. Für die Behandlung von Strikturen fehlen direkte Vergleiche. Grundsätzlich erzielt man mit der Ballondilatation (überwiegend DBE) mittlere Langzeit-Erfolgsraten von 70 %. Bei 20 % der Patienten kommt es zu Rezidiven, die eine OP erforderlich machen. 10 % der Engstellen lassen sich mit dem Enteroskop nicht erreichen.

Spiralenteroskopie ist schnell, einfach und meist erfolgreich

Die ballonassistierten Verfahren bieten die am wenigsten invasive Option für eine postoperative ERCP und scheinen auch gleichwertig, wobei mehr Studien zur DBE existieren. Die Erfolgsraten liegen inzwischen bei 80–99 %. Heutzutage gilt die Spiralenteroskopie als schnellste, einfachste und am tiefsten reichende Methode der Device-assistierten Spiegelung. Laut Dr. Torsten­ Beyna­ vom Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf bringt sie die gleichen Ergebnisse wie die ballonassistierten Systeme bei ähnlicher Komplikationsrate, geht aber erheblich schneller. Evaluationen fehlen noch für die ERCP und für Patienten post OP oder solche mit veränderter Anatomie.

Kongressbericht: Viszeralmedizin 2019