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Prävention Allergien am besten verhindern

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Es gibt bisher keine Belege, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen, wohl aber Hinweise, dass sie diese Gefahr reduzieren. Es gibt bisher keine Belege, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen, wohl aber Hinweise, dass sie diese Gefahr reduzieren. © Science RF – stock.adobe.com
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Allergien lassen sich kaum kausal behandeln. Aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten zur Prävention. Diese sollte am besten schon vor der Geburt ansetzen.

Einen hohen Stellenwert hat die mütterliche Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit. Empfohlen wird eine ausgewogene, bedarfsdeckende und abwechslungsreiche Kost, die auch Milch und Milchprodukte, Obst, Nüsse, Eier und Fisch enthält. Von einer Meidung potenter Nahrungsmittelallergene während der Gravidität wird in der überarbeiteten S3-Leitlinie von DGAKI, DGKJ* und weiteren Fachgesellschaften abgeraten.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist das Stillen. Es bietet viele Vorteile für Mutter und Kind, auch wenn die Daten zur Allergieprävention noch widersprüchlich sind. Die Leitlinienautoren plädieren dafür, den Säugling in den ersten vier bis sechs Monaten ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Auch Babys, die bereits Beikost verzehren, sollten weiter gestillt werden.

Das in Deutschland noch verbreitete Zufüttern kuhmilchbasierter Formula-Nahrung in den ersten Lebenstagen ist bei mütterlichem Stillwunsch zu vermeiden. Diese Empfehlung fußt auf Studienergebnissen, wonach die Gabe aminosäurebasierter Pendants mit einem deutlich gesenkten Risiko für eine Sensibilisierung und Allergie in der frühen Kindheit einhergeht.

Wenn nicht oder nur unzureichend gestillt werden kann, wird eine Säuglingsanfangsnahrung empfohlen. Risikokinder sollten möglichst ein Produkt mit gesicherter allergiepräventiver Wirkung erhalten. Sojabasierte Produkte sind als Anfangsnahrung nicht geeignet, können aber im Rahmen der Beikost gegeben werden. Getreidegetränke sind ernährungsphysiologisch betrachtet kein Milchersatz.

Atopieprävention umfasst auch die Gabe von Fisch

Mit der Beikostfütterung sollte frühestens ab dem Beginn des fünften und spätestens ab dem siebten Lebensmonat begonnen werden – je nach Bereitschaft des Säuglings. Eine vielfältige Kost, die auch Fisch und in begrenzten Mengen Milch (maximal 200 ml/Tag) enthält, eignet sich ersten Ergebnissen zufolge zur Prävention atopischer Erkrankungen. Für den Nutzen eines Verzichts auf potente Allergene im ersten Lebensjahr gibt es bisher keine Evidenz. Zur Prävention einer Sensibilisierung gegen Hühnerei sollte dieses in gebackener oder hartgekochter Form in die Beikost eingeführt und anschließend regelmäßig gegeben werden – nicht aber im „Rohzustand“ (z.B. als Rührei).

Zur Prophylaxe einer Erdnussal­lergie kann die regelmäßige Verabreichung geeigneter Produkte (z.B. Erdnussbutter) in Familien mit regelmäßigem Konsum erwogen werden. Allerdings ist vor allem bei Kindern mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis vorher eine Erdnussallergie auszuschließen.

Auch der BMI spielt in der Al­lergieprävention eine Rolle. Übergewicht und Adipositas sollten in der Schwangerschaft auch aus diesem Grund vermieden werden, denn beides ist mit einem erhöhten kindlichen Asthmarisiko assoziiert. Übergewichtige Sprösslinge leiden zudem vermehrt an obstruktiven Lungenerkrankungen.

Prä- und Probiotika sollten zur Allergieprävention weder den Schwangeren noch dem Nachwuchs verabreicht werden. Vitaminpräparate bieten ebenfalls keinen Schutz vor einer Sensibilisierung. Das gilt auch für Vitamin D, wobei die Empfehlung zur Supplementierung bei Kindern bis zum zweiten erlebten Frühsommer bestehen bleibt. Schwangere sollten zur Allergieprophylaxe nicht auf eine Folsäureeinnahme verzichten, wohl aber die Empfehlungen zur perikonzeptionellen Anwendung befolgen.

Eine familiäre Hundehaltung hat sich in den ersten drei Lebensjahren in epidemiologischen Studien als protektiv für Allergien und Asthma erwiesen. Die Ergebnisse zur Katze blieben dagegen widersprüchlich. Deshalb rät die Leitlinie Familien mit erhöhtem Risiko oder einem Kind mit atopischer Dermatitis, sich keinen Stubentiger anzuschaffen. Hundehaltung ist erlaubt und für die Abschaffung bereits vorhandener Haustiere besteht keine Evidenz.

Matratzenüberzüge sind nur bei Milbenallergie sinnvoll

Maßnahmen, die die Exposition mit Hausstaubmilben-Allergenen verringern (z.B. Matratzenüberzüge), werden aufgrund der unsicheren Wirksamkeit nicht zur primären Prävention empfohlen. Sie sollten aber bei bestehender Milbenallergie eingesetzt werden, denn für diese ist der Nutzen gesichert.

Es gibt bisher keine Belege, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen, wohl aber Hinweise, dass sie diese Gefahr reduzieren. Deshalb sollten auch Risikokinder entsprechend den derzeitigen Empfehlungen vor Infektionen geschützt werden.

Bei der Antibiotikatherapie sind potenzielle Gefahren zu berücksichtigen. So geht die Anwendung in den ersten beiden Lebensjahren mit einer moderaten Erhöhung der Asthmainzidenz einher.

Auch das Auftreten von Heuschnupfen und atopischer Dermatitis im späteren Leben wird begünstigt. Außerdem erhöht die antimikrobielle Behandlung in der Schwangerschaft das kindliche Risiko für Ekzem und obstruktive Lungenerkrankung.

Die allergenspezifische Immuntherapie eignet sich zur Prophylaxe eines noch nicht bestehenden Asthmas bei Kindern mit allergischer Rhinitis oder Rhinokonjunktivitis. Sie kann aber nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zur Primärprävention für Säuglinge mit erhöhtem Atopierisiko empfohlen werden. Außerdem verhindert sie weder eine Reaktion gegen weitere Antigene noch das Auftreten von Symptomen bei bereits sensibilisierten, aber nicht allergischen Kindern.

Vom Tabakrauch sollte man den Nachwuchs tunlichst fernhalten. Denn das Einatmen erhöht vor allem im Vorschul- und frühen Schulalter das Asthmarisiko. Chloriertes Badewasser schadet dagegen nicht, regelmäßiges Schwimmen kann sogar Allergien vorbeugen.

*    DGAKI: Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
    DGKJ: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin

Quelle: S3-Leitlinie „Allergieprävention“, AWMF-Register-Nr. 061-016, www.awmf.org