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Allergieprävention: Die Diskussion ums Ei geht weiter

Autor: Maria Fett

Wenn man noch nicht verstehen kann, worüber die Forscher hier streiten, schmeckt so ein Ei umso besser. Wenn man noch nicht verstehen kann, worüber die Forscher hier streiten, schmeckt so ein Ei umso besser. © iStock/Radist
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Sollte man Kinder so früh wie möglich mit potenten Nahrungsmittelallergenen in Kontakt bringen? Jüngste Studien geben den Befürwortern neue Argumente. Ein pauschales Vorgehen verbietet sich allerdings.

Pneumologin Professor Dr. Monika­ Gappa von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Marien Hospital Wesel versuchte die Frage zu klären, zu welchem Zeitpunkt Hühnereier der Säuglingsnahrung beigemischt werden sollten, um eine Sensibilisierung zu vermeiden. Die aktuelle S3-Leitlinie zur Allergieprävention spricht sich ausdrücklich gegen eine verzögerte Einführung aus, der präventive Effekt vor dem vierten Lebensmonat sei aber bisher nicht nachgewiesen. Ein pauschalisiertes Vorgehen hält die Medizinerin jedoch für fahrlässig. „Für Kinder ohne familiäres Allergierisiko und manifeste Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis müssen wir ein anderes Vorgehen wählen als für Risiko­kinder.“

„Unkritische Freigabe potenter Allergene verbietet sich“

Mittlerweile liegen Untersuchungen an unterschiedlichen Studiengruppen vor, deren Ergebnisse eine unkritische Freigabe potenter Allergene verbieten, sagte Prof. Gappa.­ In der HEAP-Studie untersuchten Kollegen 406 Kinder im Alter zwischen vier und sechs Monaten ohne bisherigen Nachweis einer Hühnereisensibilisierung. 5,7 % wiesen eine solche Sensibilisierung auf.

Die Säuglinge bekamen zusätzlich zur regulären Nahrung dreimal wöchentlich entweder Reis- oder 2,5 g Eipulver, was etwa einem Drittel eines ganzes Eies entspricht. Im zwölften Lebensmonat waren mehr Kinder im Interventionsarm sensibilisiert (5,6 % vs. 2,6 %) oder hühnereiallergisch (2,1 % vs. 0,6 %) als in der Kontrolle. Diese frühe Beimischung wirkte sich also nicht präventiv aus. Angesichts einzelner schwerer allergischer Reaktionen verbiete sich dieses Vorgehen sogar, schloss die Kinderpneumologin.

Die Resultate der PETIT-Studie sprechen dagegen eine andere Sprache. Hier erhielten Hochrisikokinder mit atopischer Dermatitis ab dem sechsten Lebensmonat zunächst für drei Monate additiv 50 mg/d erhitztes Eipulver (25 mg Eiweiß), danach bis zum Ende des ersten Lebensjahres 250 mg/d. Mit zwölf Monaten hatten vier von 47 Kindern der Eigruppe eine Allergie enwickelt. In der Kontrolle waren es 18 von 47. Dies entsprach einer Risikoreduktion von 34 %. Die Exposition gegenüber erhitztem Ei in Kleinstmengen ist möglicherweise geeignet, die Allergieprävalenz in Hochrisikogruppen zu reduzieren, resümierte Prof. Gappa­. „Allerdings reicht die Studie für eine allgemeine Empfehlung nicht aus.“

Die Frage, wann und in welchem Umfang Ei allergiepräventiv in die Beikost eingeführt werden sollte, blieb unbeantwortet. „Wenn es keinen Anhalt für eine Sensibilisierung gibt, kann man eine frühe Einführung unterstützen. Ist sie dagegen nachweisbar, muss eine ausführliche Testung einschließlich Provokation erfolgen.“