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Aortenklappenstenose Auch schwer Nierenkranke profitieren vom Klappenersatz

Autor: Manuela Arand

Schlaganfälle und kardiale Komplikationen waren nach TAVI ebenso signifikant reduziert wie der Bedarf an Bluttransfusionen. Schlaganfälle und kardiale Komplikationen waren nach TAVI ebenso signifikant reduziert wie der Bedarf an Bluttransfusionen. © iStock/ sefa ozel
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Trotz des hohen perioperativen Risikos lohnt sich für Patienten mit chronischer
Niereninsuffizienz ein Klappeneingriff, wenn sie eine symptomatische Aortenstenose entwickeln. Erste Daten gibt es inzwischen zu der Frage, ob die TAVI das geeignetere Verfahren ist.

Aortenklappenstenose und chronische Nierenerkrankung (CKD) sind ein brisantes Duo, das wechselseitig die Prognose verschlechtert, betonte Prof. Dr. Steffen Massberg, LMU Klinikum München. So finden sich Aortenstenosen bei CKD-Patienten mit signifikant erhöhter Inzidenz und vice versa nicht erst im Stadium der Dialysepflicht. Das Stockholmer SCREEN-Projekt konnte zeigen, dass Stenoserisiko wie auch -schweregrad mit sinkender eGFR linear ansteigen.

Gründe für das häufige Zusammentreffen beider Entitäten liegen neben der hohen Prävalenz kardiovaskulärer Risikofaktoren bei CKD darin, dass die chronische Nierenschädigung proatherosklerotische Prozesse direkt aktiviert und über eine Störung des Knochenstoffwechsels zur Kalzifizierung vaskulärer und valvulärer Strukturen führt. Umgekehrt bringt die AS eine Reihe nierenschädigender Effekte mit sich: Das reduzierte Herzzeitvolumen mindert die Organperfusion, die venöse Stauung verstärkt dies. Vermutlich tragen neurohumorale und zytokinvermittelte Dysregulationen ebenfalls dazu bei, dass die Nieren schwächeln.

„Das Problem ist, dass der Klappenersatz als Therapie der Wahl bei hochgradiger symptomatischer Aortenstenose bei CKD mit einer deutlich erhöhten perioperativen Komplikationsrate und Mortalität assoziiert ist“, so Prof. Massberg. Registerdaten zeigen, dass jeder vierte Patient mit fortgeschrittener CKD die chirurgische Klappenreparatur keine 30 Tage überlebt. „Da muss man sich fragen, ob es sich überhaupt lohnt, die Klappe zu sanieren.“ Überraschenderweise lautet die Antwort Ja.

Eine französisch-belgische Registerstudie ergab, dass selbst Patienten mit schwerer CKD nach dem Eingriff sehr viel bessere Überlebenschancen hatten als unter optimaler medikamentöser Therapie. Mehr als 80 % der Teilnehmer waren operativ behandelt worden und knapp 18 % per TAVI. „Prinzipiell ist es auch bei fortgeschrittener CKD sinnvoll, die Klappe zu ersetzen – die Frage ist nur wie“, sagte Prof. Massberg.

Auch zu dieser Frage liefern Register erste Antworten. Demnach schneidet die TAVI eindeutig besser ab. In einer US-Studie mit fast 7.000 Patienten fiel die Krankenhausmortalität ein Drittel niedriger aus als nach Operation. Akute Nierenschäden traten um mehr als 60 % seltener auf. Letzteres dürfte nach Ansicht von Prof. Massberg der wichtigste Treiber des guten Abschneidens der TAVI gewesen sein.
Schlaganfälle und kardiale Komplikationen waren nach TAVI ebenso signifikant reduziert wie der Bedarf an Bluttransfusionen. Subgruppenanalysen großer Studien stützen diese Ergebnisse.

Natürlich gibt es im Einzelfall gute Gründe, auf die OP zu setzen. Bei lang bestehender CKD kommt es gehäuft zur Kalzifizierung der Klappe und zur PAVK, was den interventionellen Zugang respektive den Klappenersatz per Katheter erschwert. Nicht zuletzt scheinen Bioprothesen bei CKD-Patienten schneller zu degenerieren, was nahelegt, auf mechanische Klappen auszuweichen. Leitlinien empfehlen dies spätestens im Dialysestadium.

Von all diesen Überlegungen unberührt bleibt die Herausforderung, Patienten zu identifizieren, deren Prognose quoad vitam gut genug ist, dass sie vom Klappenersatz profitieren können. Diese Frage wird sich nur interdisziplinär beantworten lassen.

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