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Gestationsdiabetes Augenmaß beim Schwangerenscreening

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Gestationsdiabetes (GD) ist eine erstmalig in der Schwangerschaft festgestellte Hyperglykämie. Gestationsdiabetes (GD) ist eine erstmalig in der Schwangerschaft festgestellte Hyperglykämie. © nerudol – stock.adobe.com
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Ein Gestationsdiabetes birgt Risiken für verschiedenste Komplikationen bei Mutter und Kind. Dennoch: Ein voreiliges Screening darauf und die sehr frühe Therapie bringt kaum Vorteile.

Wenn vor der 20. Schwangerschaftswoche ein Gestationsdiabetes diagnostiziert wird, stellt sich die Frage, ob sofort, verzögert oder gar nicht behandelt werden sollte. Ein internationales Forscherteam um Dr. David Simmons von der School of Medicine, Western Sydney University in Campbelltown, untersuchte diese Frage in einer randomisierten und kontrollierten Studie. Sie hatte drei primäre Endpunkte. Der Erste war eine Kombination ungünstiger neonataler Ergebnisse: Geburt < 37 SSW, Geburtstrauma, Gewicht ≥ 4500 g, Atemnotsyndrom, Fototherapiebedarf, Schulterdystokie sowie Totgeburt oder Tod des Neugeborenen. Als zweiter Endpunkt fungierte die Schwangerschaftshypertonie (einschließlich Präeklampsie und Eklampsie) und als dritter die fettfreie Körpermasse des Neugeborenen.

An der Untersuchung nahmen 802 gravide Frauen mit mindestens einem Risikofaktor für eine Hyperglykämie teil. Alle erfüllten vor der 20. SSW die Kriterien für einen Gestationsdiabetes. 406 von ihnen erhielten eine sofortige Behandlung (Interventionsgruppe), 396 wurden in Abhängigkeit von einem erneuten oralen Glukosetoleranztest (OGTT) zwischen der 24. und 28. SSW verzögert bzw. gar nicht therapiert (Kontrollgruppe). 

Der primäre Endpunkt trat in der Interventionsgruppe bei 25 % der Probandinnen auf, im Vergleichskollektiv waren es 31 %, was einer Reduktion des relativen Risikos um 18 % entsprach. Somit reduzierte eine rasche Intervention die Zahl der unerwünschten neonatalen Ereignisse in mäßigem Ausmaß. Hinsichtlich der hypertensiven Erkrankungen und der fettfreien Körpermasse zeigte sich keine wesentliche Differenz. 

Immerhin ein Drittel der Frauen mit früher Diabetesdiagnose wies später die metabolische Störung nicht mehr auf. In einer anderen Studie wird derzeit untersucht, ob möglicherweise eine kontinuierliche Glukosemessung zwischen der 10. und 14. SSW eine sicherere Diagnose erlaubt. Denn man muss bedenken, dass nach früher Diabetestherapie die Geburt zu kleiner Babys droht. 

Die gut konzipierte Studie liefert wichtige Informationen zum Nutzen und Schaden eines frühen Diabetesscreenings in der Schwangerschaft, kommentiert Dr. Michael Green vom Department of Obstetrics and Gynecology am Massachusetts General Hospital in Boston. Der moderate Benefit stellt aktuelle Empfehlungen für eine zeitige Diabetesdiagnostik und Therapie bei Risikopatientinnen infrage.

Quelle: Simmons D et al. J Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2214956