
Insulin im Flugzeug „Beim Fliegen rutsche ich in den Unterzucker“

Dass Veränderungen des Luftdrucks die Insulinabgabe beeinflussen, könne man sich durchaus denken, erklärte Prof. Dr. Thomas Ebert vom Universitätsklinikum Leipzig. Die Frage sei nur, wie relevant diese potenziellen Abweichungen für die Betroffenen sind.
Er berichtete von einer Studie, in der man in Hypoxiekammern die atmosphärischen Druckänderungen während eines Fluges simulierte und die Auswirkungen auf die Insulinabgaben von drei Insulinpumpen verschiedener Hersteller testete. Diese waren jeweils mit demselben Insulin bestückt. Während des Aufstiegs, sprich eines Luftdruckabfalls, gaben die Pumpen 0,6 U mehr Insulin ab, während des Abstiegs (Luftdruckanstieg) waren es 0,5 U weniger.
Effekte offenbar nur bei Start und Landung
Am Boden und in Reiseflughöhe, bei der je nach Flugzeugtyp Kabinendrucke vorherrschen, die einem Höhenlevel von 1.800 m bis 2.500 m entsprechen, verlief die Insulinabgabe normal. Zwischen den drei Pumpen zeigten sich keine Unterschiede und es war auch egal, ob es sich um schlauchlose oder konventionelle Pumpen handelte, berichtete Prof. Ebert.
Klinische Relevanz hat der Einfluss auf die Insulinabgabe demnach wohl nur bei einem plötzlichen Druckabfall, wie er durch Probleme im Drucksystem der Flugzeugkabine hervorgerufen werden kann. In solch einem (simulierten) Fall entleerten sich ≥ 5,6 U Insulin mehr als vorgesehen. Dieser Teil der Studie wurde nur mit gefüllten Kathetersets und nicht mit den Pumpen durchgeführt, da sie den Versuch womöglich nicht überlebt hätten, erläuterte der Diabetologe.
Prof. Ebert schließt daraus, dass bei kommerziellen Flügen normalerweise überhaupt keine Gefahr für Patientinnen und Patienten durch vermehrte oder verringerte Insulinabgaben besteht. Die Forschenden hätten ihre Daten auch in einem Kollektiv von Pilotinnen und Piloten mit Typ-1-Diabetes unter kontinuierlicher Glukosemessung validiert.
Dennoch führte die Studie dazu, dass die Firma Medtronic Nutzerinnen und Nutzern ihrer Pumpen in einer E-Mail rät, ihren Glukosespiegel u. a. bei Flugreisen und Fahrten in Vergnügungsparks zu überwachen und ein Notfallset mit schnell wirksamer Glukose und Reserveinsulin bereitzuhalten – ohnehin eine allgemeingültige Empfehlung. Wenn also Menschen mit Diabetes fragen, was sie bei einer Achterbahnfahrt beachten müssen, lautet die Antwort aus Sicht von Prof. Ebert: gar nichts!
Quelle: 20. Diabetologie-Update-Seminar