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Zystische Fibrose Betreuende Ärzte müssen zunehmend Komorbiditäten berücksichtigen

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Dank erweiterten Therapiemöglichkeiten werden Patient:innen mit zystischer Fibrose immer Älter - das fordert auch neue Versorgungsstrukturen. Dank erweiterten Therapiemöglichkeiten werden Patient:innen mit zystischer Fibrose immer Älter - das fordert auch neue Versorgungsstrukturen. © magicmine – stock.adobe.com
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Patienten mit zystischer Fibrose werden immer älter. Naturgemäß nimmt damit die Zahl der Komorbiditäten zu, die eine adäquate Therapie erfordern. Der Bedarf an spezialisierten CF-Zen­tren für Erwachsene wächst.

Genetisch bedingt kommt es bei zystischer Fibrose (CF) vor allem in Lunge und Bauchspeicheldrüse zu Ansammlungen von zähem Schleim, der die Organfunktion beeinträch­tigt. Die Erkrankung verläuft progredient, bei älteren Betroffenen ist sie deshalb häufig durch eine besonders schwere Lungenbeteiligung sowie eine Vielzahl von Komplikationen und Komorbiditäten gekennzeichnet, erklären Prof. Dr. Pierre-Régis Burgel von der Universität Paris und Kollegen.

Während noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts Patienten mit Muko­viszidose innerhalb der ersten Lebensjahre verstarben, erreichen heute viele das Erwachsenenalter. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat zum einen die Möglichkeit, Pankreas­enzyme zu substituieren und so den Ernährungszustand der Betroffenen zu verbessern. Zum anderen wurden effektive Techniken und Physio­therapien entwickelt, mit deren Hilfe sich die Atemwege von dem zähen Mukus befreien lassen. Zusammen mit potenten antibiotischen Strategien wirkt sich dies positiv auf die Lungenfunktion aus. So ist z.B. in den USA der Anteil Patienten, die im Alter von 18 Jahren eine normale Lungenfunktion aufweisen, in den letzten 30 Jahren von unter 20 % auf etwa 50 % gestiegen. 

85 % der Patienten sind für CFTR-Modulatoren geeignet

Auch die Möglichkeit einer Lungentransplantation hat zu der nun höheren Lebenserwartung geführt. Mit der Einführung von CFTR-Modulatoren kam eine medikamentöse Alternative hinzu, die inzwischen etwa 85 % aller Patienten angeboten werden kann. 

Diese Verbesserungen haben bei gleichbleibender Inzidenz zu einem Anstieg der CF-Prävalenz geführt. So kommt es, dass die überwiegende Zahl der CF-Patienten heute 18 Jahre und älter ist. Während der Anteil Erwachsener in Ländern mit etablierten CF-Programmen noch in den frühen 1990er-Jahren bei 20–30 % lag, bewegt er sich heute zwischen 50 und 60 %. Berechnungen ergaben, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. Für einige Regionen Europas ist bis zum Jahr 2025 mit eine Zunahme der erwachsenen CF-Patienten um 75 % gegenüber 2010 zu rechnen. 

Allerdings ist die Zahl der Patienten, die das Erwachsenenalter erreichen, von Land zu Land sehr unterschiedlich – je nach Verfügbarkeit von bzw. Zugang zu spezialisierten Versorgungsstrukturen, neuen Therapien und Spenderorganen, betonen Prof. Burgel und Kollegen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass mit zunehmendem Patienten­alter die Betreuung immer komplexer wird.

Schwere pulmonale Manifestationen wie Hämoptysen und Pneumothorax, respiratorische Insuffizienz und nicht-pulmonale Komplikationen (z.B. Diabetes, Osteoporose) kommen bei Erwachsenen deutlich häufiger vor. Vermehrt leiden sie zudem unter psychischen Erkrankungen wie Depression und Angst. Ein weiteres Problem ist medikamentenbedingt: Durch kumulative Effekte, z.B. aufgrund der bei pulmonalen Exazerbationen eingesetzten Aminoglykoside, kann es zu chronischer Niereninsuffizienz und Hörverlust kommen. 

Vermutlich wird sich das Spektrum der Komorbiditäten durch den breiteren Einsatz von CFTR-Modulatoren künftig verschieben, prophezeien die Autoren. An erster Stelle befürchten sie starke Gewichtszunahme, Hypertonie und Dyslipidämien. Obendrein ist bei CF-Patienten – analog zur Allgemeinbevölkerung – mit weiteren altersabhängigen gesundheitlichen Problemen zu rechnen.

Die zunehmende Zahl erwachsener CF-Patienten stellt die exis­tierende Versorgungsstruktur vor große Herausforderungen. Um diesen zu begegnen, müssen neue spezialisierte Zentren etabliert oder vorhandene Betreuungsstrukturen um Erwachsenenprogramme erweitert werden, fordern Prof. Burgel und Kollegen.

Quelle: Burgel PR et al. Chest 2022; DOI: 10.1016/j.chest.2022.07.004