
Spirometrie allein reicht nicht COPD-Diagnose erfordert umfassende Untersuchungen einschließlich Bildgebung

Unter Pneumologinnen und Pneumologen setzt sich immer mehr die Meinung durch, dass die pathophysiologisch komplexen Veränderungen bei einer COPD sich anhand der Spirometrie nicht komplett erfassen lassen, schreibt ein Team um Prof. Dr. Surya Bhatt von der University of Alabama in Birmingham. Vielmehr gehe es darum, weitere sinnvolle Diagnosekriterien zu entwickeln. Bereits im Jahr 2019 wurde die Bildgebung in den Diagnosekriterien der COPDGene*-Studie als ein wichtiger Parameter neben der Spirometrie genannt. Im GOLD**-Report 2023 hingegen kommt die Thorax-Bildgebung im Diagnosealgorithmus nicht vor. Allerdings sollen ein Emphysem oder andere strukturelle Veränderungen der Lunge an die Verdachtsdiagnose COPD denken lassen.
Gibt es also Betroffene, deren Erkrankung sich erst mithilfe neuer Diagnosekriterien erkennen lässt? Und welche Bedeutung hat dies für das klinische Outcome?
Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen analysierte das Autorenteam die Daten von zwei Längsschnittkohorten, die jeweils etwa zehn Jahre nachbeobachtet wurden: Für COPDGene wurden zwischen 2007 und 2011 10.305 Personen im Alter von 45–80 Jahren rekrutiert, alle ehemalige oder aktuelle Raucher. In die Canadian Cohort Obstructive Lung Disease (CanCOLD) wurden 1.561 Patientinnen und Patienten über 40 Jahre zwischen 2009 und 2015 eingeschlossen – darunter auch solche, die nie geraucht hatten.
Neue Kriterien mit einem Major- und fünf Minorpunkten
Anhand der COPDGene-Daten entwickelte das Autorenteam neue Diagnosekriterien für seine Studie, die im Anschluss mithilfe von CanCOLD gegengeprüft wurden. Als Majorkriterium galt – wie auch bei GOLD üblich – ein nach Bronchodilatatorgabe spirometrisch bestimmtes FEV1/FVC-Verhältnis von < 0,7. Lag zusätzlich zu diesem Befund mindestens ein Minorkriterium vor, sprach das für eine COPD. Die Diagnose wurde auch gestellt, wenn mindestens drei von fünf Minorkriterien zutrafen. Zu diesen gehörten:
- in der CT sichtbares Emphysem
- in der CT sichtbare verdickte Bronchialwände
- Dyspnoe
- atemwegsbedingte reduzierte Lebensqualität
- chronische Bronchitis
Auf Basis der neuen Kriterien veränderte sich die COPD-Prävalenz in beiden Gruppen. So erhielten in der ersten Kohorte von 5.250 Personen ohne Atemwegsobstruktion nun 811 (15,4%) aufgrund vorliegender Minorkriterien doch die Diagnose COPD. Hingegen wurde sie bei 282 von 4.166 Patientinnen und Patienten (6,8 %) trotz auffälliger Spirometrie nun nicht mehr gestellt.
Schlechterer Verlauf bei den frisch Diagnostizierten
Klinisch bedeutete das: Die Gruppe der neu diagnostizierten Teilnehmenden wies im Vergleich zu Personen ohne COPD eine signifikant höhere Gesamtmortalität (adjustierte Hazard Ratio, aHR, 1,98). auf. Auch die für respiratorische Erkrankungen spezifische Mortalität lag höher (aHR 3,58) und es fanden sich bei ihnen eine raschere Verschlechterung der FEV1 im Verlauf sowie häufigere Exazerbationen. Hingegen unterschieden sich die Ergebnisse derjenigen mit nachgewiesener Atemwegsobstruktion, die den neuen Kriterien zufolge keine COPD hatten, nicht von denen der obstruktionsfreien Personen. Auch in der CanCOLD-Kohorte erlitten die neu Diagnostizierten im Vergleich häufiger Exazerbationen.
Die Berücksichtigung weiterer Parameter neben der Spirometrie ermöglicht eine differenziertere, individuellere Diagnostik bei COPD-Verdacht, stellt Prof. Dr. Francesca Polverino vom Baylor College of Medicine, Houston, in ihrem Kommentar fest. Diese neue Sichtweise führe dazu, dass viele zuvor unerkannte COPD-Fälle nun identifiziert werden können. Zudem erlaube das neue Vorgehen u. a. auch, die zuvor oft als „Pre-COPD“ bezeichneten Fälle nun korrekt als COPD zu erkennen. Somit könne eine gegebenenfalls erforderliche adäquate Behandlung frühzeitig starten.
*Genetic Epidemiology of COPD
**Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease
Quelle: 1.Bhatt SP et al. JAMA 2025; 333: 2164-2175; doi: 10.1001/jama.2025.7358
2.Polverino F. JAMA 2025; 333: 2151-2153; doi: 10.1001/jama.2025.6653