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Adipositas Dem Magen neue Grenzen setzen

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Ein weit verbreitetes Verfahren zur Gewichtsreduktion stellt die endoskopische Sleeve-­Gastroplastik dar. Ein weit verbreitetes Verfahren zur Gewichtsreduktion stellt die endoskopische Sleeve-­Gastroplastik dar. © motortion – stock.adobe.com
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Mittlerweile haben endoskopische Techniken zur Gewichtsreduktion ihren Platz vor, aber auch als Alternative zu einer bariatrischen Operation gefunden. Umfangreiche Daten liegen etwa für intragastrische Ballons und endoskopische Nahtverfahren vor. Daneben gibt es noch einige andere Methoden.

Bereits ein moderater Gewichtsverlust von 5–10 % des Körpergewichts kann das Risiko für adipositasassoziierte Komorbiditäten deutlich senken. Doch selbst im Rahmen professioneller Begleitprogramme sind konservative Maßnahmen nur selten auf Dauer erfolgreich. 

Die verschiedenen Verfahren der metabolischen Chirurgie wie Magenbypass und Schlauchgastrektomie hingegen erzielen oft einen signifikanten Gewichtsverlust, haben aber ein recht hohes Risiko für peri­operative Komplikationen. Häufig machen sie in der Folge auch die lebenslange Supplementierung von Vitaminen und Spurenelementen erforderlich. Demgegenüber sind endoskopische Verfahren minimalinvasiv, reversibel und komplikationsärmer.

Allgemeingültige Empfehlungen, wann die endoskopischen Techniken zur Gewichtsreduktion oder zur Therapie eines ­Diabetes ­mellitus zum Einsatz kommen sollen, gibt es noch nicht, schreibt eine Autorengruppe um Dr. ­Kien Vu ­Trung vom Bereich Gastroenterologie am Universitätsklinikum ­Leipzig. Sie rät dazu, interdisziplinär und gemeinsam mit spezialisierten Endokrinologen, Endo­skopikern und Chir­urgen individuelle Therapiepläne zu erarbeiten.

Magenballon

Die Implantation eines Magenballons ist das mit Abstand am häufigsten angewandte endoskopische Verfahren. Die deutsche S3-­Leitlinie* empfiehlt die Ballons, wenn konservative Therapien nicht zum Ziel führen oder wenn eine metabolische Operation nicht infrage kommt. Zudem wird der Einsatz eines Magenballons im Rahmen von Stufenkonzepten bei einem BMI > 50 und/oder erheblicher Komorbidität diskutiert, so die drei Experten.

Die Ballons verkleinern das nutzbare Magenvolumen, wodurch sich früher ein Sättigungs- und Völlegefühl einstellt. Je nach System sind die Ballons mit 400–700 ml Flüssigkeit oder Gas gefüllt und bleiben bis zu zwölf Monaten im Magen. Der mittlere Gewichtsverlust liegt bei Entfernung zwischen 6,6 % und 16,3 %. Die häufigsten unerwünschten Folgen sind Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen und gastroösophagealer Reflux.

Endo-Sleeve-Gastroplastik

Ein weit verbreitetes Verfahren zur Gewichtsreduktion stellt die endoskopische Sleeve-­Gastroplastik dar. Dabei werden Nähte entlang der großen Kurvatur des Magenkorpus platziert, was das Volumen verringert, vor allem aber die Magenleerung verzögert. In der Regel ergänzt diese Methode die konventionelle chirurgische Schlauchgastrektomie, kann in Einzelfällen aber auch alternativ eingesetzt werden. 

In zwei großen Metaanalysen wurde ein Gesamtgewichtsverlust von 14,5–15,1 % nach sechs Monaten ermittelt. Unerwünschte Nebenwirkungen sind Schmerzen, Übelkeit mit Hospitalisierung, gastrointestinale Blutungen und perigastrische Leckagen.

Aspiration von Nahrung

Die Aspiration von Nahrung basiert auf einer Variante der perkutanen endoskopischen Gastrostomie. Mit dem Verfahren lassen sich nach einer Mahlzeit etwa 30 % der unverdauten Nahrung aus dem Magen entfernen.

In einer multizentrischen Studie aus dem Jahr 2018 wurde für das erste Jahr ein Gesamtgewichtsverlust von 18,2 %, für das zweite von 19,8 %, für das dritte von 21,3 % und von 19,2 % im vierten Jahr ermittelt. Alles in allem ist die Datenlage zur Effektivität der Methode aber eher gering, schreiben Dr. Trung und Kollegen. Die Aspirationstherapien sollten ihnen zufolge eher kritisch betrachtet werden.

Endoskopische Nahtverfahren

Der Roux-Y-Magenbypass ist die am häufigsten eingesetzte metabolische Operation. Langfristig kann es postoperativ jedoch zur erneuten Gewichtszunahme kommen, der in der Regel eine Dilatation der gastrojejunalen Anastomose zugrunde liegt, erläutern die Autoren. In dieser Situation kann ein endoskopisches Verfahren helfen, bei dem die gastrojejunale Anastomose mittels Argon-Plasma-Koagulation oder per semizirkulärer endoskopischer Submukosadissektion abladiert und der Übergang mittels endoskopischer Naht verkleinert wird. Anwendung findet diese sogenannte Anastomosenraffung auch beim postoperativen Dumping­syndrom nach Roux-Y-Magenbypass.

Duodenale Thermoablation

Bei der endoskopischen duodenalen Thermoablation wird die Duodenalschleimhaut über einen speziellen Katheter zirkulär auf 9–12 cm Länge vollständig hydrothermisch abladiert. Erste Daten deuten auf positive Effekte auf den Glukosestoffwechsel sowie eine Gewichtsreduktion bei Patienten mit Typ-2-Diabetes hin.

*    S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischen Erkrankung; AWMF-Register Nr. 088-001

Quelle: Trung KV, Hollenbach M, Hoffmeister A „Endoskopische Therapie bei Adipositas und Diabetes mellitus“, Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 102-110;  DOI: 10.1055/a-1832-4057 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York