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Adipositastherapie Zum Stellenwert endoskopischer Nahtverfahren

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Durch das Setzen einer Naht in der ­Magenwand wird das ­Volumen verkleinert. Durch das Setzen einer Naht in der ­Magenwand wird das ­Volumen verkleinert. © BillionPhotos.com – stock.adobe.com
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Endoskopische Therapien zur Gewichtsreduktion imitieren im Prinzip chirurgische bariatrische Eingriffe, wählen aber einen weniger invasiven Zugang transoral oder endoluminal. Im Vergleich zu ihren chirurgischen Vorbildern sind die endoskopischen Eingriffe weniger effektiv, aber auch weniger komplikationsträchtig.

Von den zahlreichen Konzepten für endoskopische Eingriffe im Kampf gegen die Adipositas haben die meisten nicht den Weg ans Krankenbett geschafft. Am aussichtsreichsten und durch die meisten Daten gestützt ist die endoskopische Schlauchmagen-Gastroplastie (ESG), wie Dr. ­Jocelyn de ­Heer, Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für interdisziplinäre Endoskopie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, ausführte.

Die Magenwand wird durch die Naht gerafft oder gefaltet

Bei dem Eingriff, auch als „Endo­sleeve“ bekannt, werden mit Devices, die an die Spitze des Endoskops montiert werden, transmurale Nähte in der Magenwand gesetzt. Damit wird diese gerafft oder gefaltet, sodass sich das Magenvolumen verkleinert. 

Für die ESG liegen inzwischen Fünfjahresdaten vor. In einer prospektiven Studie erhielten 216 Patienten mit einem initialen BMI von im Schnitt 39 eine ESG. Nach fünf Jahren lag die durchschnittliche Gewichtsabnahme bei 16 %. Eine Gewichtsreduktion von mindestens 10 % beobachtete man nach dieser Zeit bei 61 % der Patienten. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.

In einer retrospektiven Studie verglich man das Outcome nach einer ESG mit dem nach laparoskopischer Schlauchmagen-OP. Bezüglich Gewichtsabnahme nach zwei Jahren war der laparoskopische Eingriff mit einer Reduktion des Gewichts um 28,3 % effektiver als der endoskopische mit 18,5 %. Aber endoskopisch behandelte Patienten konnten das Krankenhaus schneller wieder verlassen (mittlere Verweildauer 1 vs. 3 Tage) und wiesen eine geringere Komplikationsrate auf (0,5 % vs. 4,9 %).  

In einer aktuellen kontrollierten prospektiven Studie wurde der Effekt der ESG plus Lebensstilberatung mit dem einer ausschließlichen Lebensstilberatung bei Patienten mit Adipositas der Klassen 1 oder 2 verglichen. Von ihrem überschüssigen Gewicht hatten die Patienten der ESG-Gruppe nach einem Jahr 49,2 %, die Patienten der Vergleichsgruppe nur 3,2 % verloren. Das Gesamtkörpergewicht hatte um 13,6 % vs. 0,8 % abgenommen. Dieser Effekt war auch nach einem weiteren Jahr noch nahezu unvermindert erhalten. 
Insgesamt hat sich die ESG als sichere Methode erwiesen, bei der unerwünschte Ereignisse höchstens in sehr geringer Häufigkeit auftreten. Der Effekt auf das Körpergewicht ist geringer als bei der laparoskopischen Sleeve-OP. Späteren baria­trischen Eingriffen steht eine ESG aber nicht im Wege. 

Endoskopie kann helfen, wenn eine OP nicht infrage kommt

Den Platz für endoskopische Eingriffe sieht Dr. de Heer dort, wo das Potenzial der ausschließlich konservativen Optionen erschöpft ist, aber die Voraussetzungen für einen chirurgischen bariatrischen Eingriff noch nicht erfüllt sind. Geeignet seien dafür vor allem gut informierte kooperationsbereite Patienten mit einem BMI zwischen 30 und 40, die keine OP wünschen oder bei denen aktuell Gründe vorliegen, die dagegen sprechen. Endoskopische Interventionen haben außerdem einen Platz im Komplikationsmanagement nach bariatrischen Operationen. Eine wichtige Indikation ist die erneute Gewichtszunahme mit oder ohne Dumping-Syndrom. Hier kann je nach vorliegendem Problem eine endoskopische Anastomosen-/Pouch­revision helfen.

Kongressbericht: Viszeralmedizin 2022