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Darmspiegelung Der Keim aus dem Endoskop

DGIM 2022 Autor: Kathrin Strobel

Einmalendoskope würden zwar Ansteckungen durch die Untersuchung verhindern, allerdings um den Preis medizinischer Müllberge. Einmalendoskope würden zwar Ansteckungen durch die Untersuchung verhindern, allerdings um den Preis medizinischer Müllberge. © iStock/romaset
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Nach jedem Gebrauch müssen Endoskope in einem aufwendigen Prozess gereinigt werden. Doch trotz dieser Maßnahme kommt es immer wieder zu Infektionen von Patienten, bei denen ein Endoskop als Überträger identifiziert werden kann. Woran liegt das und was sind realistische Lösungsansätze?

Etwa 20 % aller Warnmeldungen der FDA waren in den letzten Jahren endoskopieassoziiert, erklärte PD Dr. Axel­ Eickhoff­, Klinikum Hanau. Besonders besorgniserregend ist es, wenn es sich bei den während der Prozedur übertragenen Keimen um multiresistente Erreger handelt. Ein Fall, der durch die Presse ging, war der „Superbug Outbreak“ im Ronald Reagan UCLA Medical Center in Los Angeles. Dort hatten sich sieben Patienten im Rahmen einer ERCP* mit Carbapenem-resistenten Enterobakterien infiziert – zwei von ihnen starben. Die FDA ordnete daraufhin eine Post-market Surveillance von Duodenoskopen an und plädierte dafür, die Geräte sicherer zu machen – durch eine Produktgestaltung, die das Kontaminationsrisiko verringert.

Tatsächlich ist die Gefahr bei Duo­denoskopen im Vergleich zu anderen Geräten besonders hoch. Denn wegen ihres Designs (z.B. Albarran-Hebel an der Endoskopspitze, Arbeitskanal, Distalkappe) gestaltet sich die Aufbereitung schwierig. Eine Metaanalyse mit 15 Studien, in denen insgesamt 13.112 Duodenoskope untersucht wurden, ergab, dass trotz der Aufbereitung gemäß Vorgabe und Leitlinienempfehlung 15 % der Geräte nach der Reinigung kontaminiert sind. Besonders problematisch ist dies, weil die ERCP häufig bei multimorbiden Patienten durchgeführt wird.

Doch auch bei Gastro- und Koloskopien besteht Infektionsgefahr – wenngleich unklar ist, wie hoch die Inzidenzen wirklich sind. In manchen Publikationen wird sie sogar höher angegeben als bei der ERCP.

Einmalendoskope ein Ausweg?

Eine der Stellschrauben, an denen man drehen kann, um die Kontaminationsgefahr zu verringern, ist die Dauer zwischen Einsatz und Aufbereitung, erklärte Dr. Eickhoff. Man weiß, dass sich im Arbeitskanal der Geräte relativ schnell ein Biofilm aufbaut. Ist dieser einmal dort, lässt er sich durch die Standardreinigungsmethoden nur schwer oder gar nicht entfernen. Eine sofortige manuelle und maschinelle Aufbereitung verhindert das Entstehen eines Biofilms. Man sollte also im Vorfeld einer Endoskopie immer sicherstellen, dass Personal für die Aufbereitung des benutzten Geräts verfügbar ist, so der Kollege. Das gelte insbesondere auch für nächtliche Einsätze. Zwischen Gebrauch und Reinigung sollten idealerweise nicht mehr als drei Stunden vergehen.

Welche Rolle der Faktor Mensch bei Infektionen via Endoskop spielt, wurde in einer US-amerikanischen Studie mit 88 Mitarbeitern untersucht, die in der jeweiligen Klinik für die Aufbereitung der Geräte zuständig waren. Lediglich ein Viertel von ihnen hatte zuvor ein entsprechendes Training erhalten. Die Hälfte hatte nach lediglich einem Monat Einarbeitungszeit mit der selbstständigen Aufbereitung ohne Supervision begonnen. Im Schnitt beantwortete das Endoskopie-Assistenzpersonal in der Studie nur 60 % der Fragen zu Aufbereitung und Hygiene korrekt. In einer europäischen Studie gab ein Drittel der befragten Endoskopiker an, mit den Abläufen der Duodenoskopaufbereitung nicht vertraut zu sein.

Auf Null reduzieren ließe sich das Infektionsrisiko durch den Gebrauch von Einmalendoskopen, sagte Dr. Eickhoff. Diese werden bereits von verschiedenen Herstellern angeboten. Die Technologie entspreche i.d.R. der der bereits bekannten Produkte. Eine langwierige Einarbeitung sei also nicht notwendig. Allerdings erreichten manche Bildqualität und andere Parameter bei den Einmalgeräten (noch) nicht das Niveau der herkömmlichen Endoskope. Für wenig komplexe Fälle und für bestimmte Indikationen könnten sie in erfahrenen Händen allerdings eine Alternative darstellen, so der Referent. 

Überaus kontrovers diskutiert werden die ökonomischen und ökologischen Folgen einer Umstellung auf Einmalendoskope. In den USA beispielsweise würden bei einer 100%igen Umstellung auf Wegwerfgeräte pro Jahr ca. 170.000 bis 390.000 Einmalduodenoskope und 17 Millionen entsprechende Gast­ro- bzw. Koloskope benötigt. Der dadurch entstehende Müll hätte ein Gewicht, das dem von 25.000 Autos entspricht, erklärte der Referent, und ergänzte: „Sie würden damit 117 Fußballfelder mit einem Müllberg von einem Meter Höhe besetzen.“

* ERCP = endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie

Kongressbericht: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin