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COPD und Asthma Der Schlüssel zum Erfolg liegt peripher

Autor: Manuela Arand

Bei COPD und Asthma nehmen die kleinen Atemwege Schaden, noch bevor der Patient etwas spürt. Bei COPD und Asthma nehmen die kleinen Atemwege Schaden, noch bevor der Patient etwas spürt. © iStock/Rasi Bhadramani
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Dahin, wo die Musik spielt – diese Devise gilt auch in der Therapie der COPD und des schwer behandelbaren Asthmas. Das bedeutet im Klartext: Inhalative Medikamente müssen in die Lungenperipherie gelangen.

Bei der COPD nehmen die kleinen Atemwege Schaden, lange bevor der Patient etwas davon spürt und sich in der Lungenfunktionsprüfung ein abnormer Befund zeigt, erklärte Dr. Thomas Voshaar vom Bethanien Krankenhaus in Moers. „Je länger die COPD besteht, desto stärker obliterieren die Bronchioli.“ Messbar wird das als zunehmende Überblähung

Irreversiblen Schaden durch frühe Therapie abwenden 

Schon im Stadium GOLD 0 – Hus­ten, Auswurf, Atemnot, aber normale Lufu – korrelieren Emphysem und Verlust der kleinen Atemwege mit einer schlechten Überlebensprognose. Das heißt: Eine gute Inhalationstherapie muss die kleinen und kleinsten Atemwege erreichen und sollte früh beginnen, solange irreversible Schäden noch abwendbar sind. Auch beim Asthma sind die kleinen Atemwege beteiligt, insbesondere bei schwer behandelbaren Formen, die mit einer pulmonalen Überblähung einhergegehen. 

„Je mehr Wirkstoff wir durch die Engstelle Stimmritze bringen, desto besser die pulmonale Deposition und die Verteilung zwischen peripher und zentral“, erklärte Dr. Voshaar. Jahrelang war umstritten, ob die Wirkstoffe – insbesondere Anticholinergika – tatsächlich peripher deponiert werden müssen. Kritiker bezweifelten, dass es dort überhaupt cholinerge Rezeptoren gibt. Inzwischen ist nachgewiesen, dass sich das cholin­erge wie das adrenerge Netzwerk bis in die kleinsten Bronchioli verästelt. In der Peripherie fehlt allerdings das NO-System als Gegenspieler des Vagus, wie Dr. Voshaar erläuterte. Deshalb sei es sogar besonders wichtig, Anticholinergika in die Peripherie zu schaffen. Anders ließen sich die Atemwege dort nicht erweitern.

EEG und ECG fürs Partikeldesign

Die Deposition von Inhalativa in den Atemwegen hängt auch vom Partikeldesign ab. Einserseits müssen die Partikel klein genug sein, um problemlos durch die Stimmritze in die Lunge zu fliegen und nicht schon in Mund und Rachen hängen zu bleiben. Andererseits dürfen sie nicht so klein ausfallen, dass sie in größerer Menge wieder abgeatmet werden, erläuterte Dr. Gerhard Scheuch, Waldeck-Frankenberg. Statt zwischen beiden Ansprüchen den Mittelweg zu suchen, haben sich Aerosolforscher mit EEG und ECG einen Trick einfallen lassen: Die Akronyme stehen keineswegs für Elektroenzephalogramm und Elektrocardiogramm, sondern für Excipient Enhanced Growth und Enhanced Condensational Growth. „Das hört sich kompliziert an, ist aber ganz einfach“, so Dr. Scheuch. Man bastelt Partikel, die zu je 50 % aus Wirkstoff und NaCl als Hilfsstoff (Excipient) bestehen. Die Größe von 0,5 bis 0,9 µm eignet sich ideal, um tief in die kleinen Atemwege zu gelangen – sogar wenn es durch die Nase appliziert wird. Im feuchten Milieu der Lunge zieht das Kochsalz Wasser an, die Partikel wachsen auf 4 bis 5 µm. Versuche zeigen, dass 80 % dieser Partikel in der Lunge verbeiben und das vor allem in der Peripherie, also genau da, wo der Wirkstoff gebraucht wird.

Eine Schlüsselrolle kommt natürlich auch dem Inhalator zu, der das Medikament in die Lunge bringen soll. Die Vielzahl der Systeme ist eine Crux. Wer sich damit wirklich auskennt, freut sich, weil er durch die große Auswahl individueller behandeln kann. Aber wer sich nicht täglich damit beschäftigt, sieht weniger die Chance als vielmehr die Last.  Hinzu kommt, dass Ärzte und Patienten unterschiedliche Vorstellungen vom idealen Device hegen. Für Patienten zählt die Einfachheit: ein gut zu transportierender Inhalator, unkomplizierte Instruktionen und keine aufwendigen Fülloperationen vor der Inhalation. Ärzte legen ebenfalls Wert auf einfache Instruktionen, um die Schulung kurz halten zu können. Dann folgen aber schon gute pulmonale Deposition und minimaler Inhalationsaufwand.  

Erst Technik und Adhärenz  überprüfen, dann eskalieren

„Selbst wenn wir den Patienten Devices ausprobieren und den Inhalator selbst aussuchen lassen, garantiert das nicht, dass er ihn hinterher korrekt benutzt“, betonte Dr. Voshaar. Inkorrekte Inhalationstechnik führt zweifelsfrei zu schlechter Symptomkontrolle und mehr Exazerbationen. Dr. Voshaar vermutet Schlimmeres: „Ich glaube, dass wir häufig zu oralen Steroiden oder Biologika eskalieren, ohne überprüft zu haben, ob die Inhalationstherapie wirklich funktioniert.“

Kongressbericht: 61. Kongress der Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (Online-Veranstaltung)