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Deutsche Diabetes Gesellschaft kritisiert Gestationsdiabetes-Screening

Autor: diabeteszeitung

Aufgrund der möglichen Folgen für Mutter und Kind sollte ein Gestationsdiabetes nicht unterschätzt werden. Aufgrund der möglichen Folgen für Mutter und Kind sollte ein Gestationsdiabetes nicht unterschätzt werden. © iStock/artursfoto
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Damit Gestations­diabetes rechtzeitig und besser identifiziert wird, bedarf es einer Reform der Mutterschaftsrichtlinien, mahnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft. Zudem müsse der GKV-Spitzenverband Blutzuckermessgeräte zur Überwachung von betroffenen Schwangeren verordnungsfähig machen.

In Deutschland hat sich die Erkrankungsrate für einen Gestationsdia­betes mellitus (GDM) in den vergangenen 20 Jahren mehr als verfünffacht. Inzwischen erkranken jährlich etwa 45 000 Frauen daran, was fast 6 % aller Schwangerschaften entspricht. Meist zeigen sich keine klassischen Diabetessymptome, weshalb die Erkrankung häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt wird. Ein zu spät oder nicht diagnostizierter GDM kann jedoch zu schweren Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen sowie Folgeerkrankungen bei Mutter und Kind führen.

Viele erkrankte Mütter fallen aus dem Raster

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) kritisiert schon seit Jahren, dass hierzulande zu spät und unzureichend auf GDM getestet wird. Bei dem zweistufigen Testverfahren trinkt die werdende Mutter zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine Lösung mit 50 g Glukose. Werden erhöhte Blutzuckerwerte gemessen, folgt ein erneuter Nüchtern-Test mit 75 g Glukose (oraler Glukosetoleranztest).

„Leider fallen viele tatsächlich an Gestationsdia­betes Erkrankte in diesem zweistufigen Verfahren aus dem Raster“, bedauert Professor Dr. Ute Schäfer-Graf aus Berlin, Sprecherin der DDG-Arbeitsgruppe Diabetes und Schwangerschaft. „Denn der erste Test erfolgt unabhängig von der Tageszeit oder der letzten Nahrungsaufnahme im nicht-nüchternen Zustand. Das Problem daran ist, dass so diejenigen Frauen mit GDM übersehen werden, die nur in nüchternem Zustand einen erhöhten Blutglukosewert aufweisen – also etwa ein Drittel aller Erkrankten.“

G-BA sieht keinen Bedarf für ein Umdenken

Das Diagnostikverfahren – so wie in den Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen – sollte umgehend überarbeitet werden, da die Zahl der unerkannten oder zu spät erkannten Fälle von Schwangerschaftsdiabetes weiterhin zu hoch ist. Seit 2012 ist das GDM-Screening von den Krankenkassen erstattungsfähig.

„Obwohl seit der WHO-Empfehlung von 2013 bereits 90 % der europäischen Länder das einstufige Testverfahren präferieren, sieht der G-BA noch immer keinen Handlungsbedarf für ein Umdenken“, kritisiert Prof. Schäfer-Graf. Auch eine im Fachjournal Nature Medicine publizierte Studie bestätigt die Überlegenheit eines primären oralen Toleranztests mit 75 g Glukose. Sie belegt, dass eine frühe Risikobewertung notwendig und die in den Mutterschaftsrichtlinien festgeschriebene Standardtestung unzureichend ist, um Patientinnen mit Gestationsdia­betes rechtzeitig zu diagnostizieren und zu therapieren. Die DDG bekräftigt deshalb ihre Forderung, die WHO-Empfehlung umzusetzen.

„Zudem ist die regelmäßige Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte durch die Patientinnen ein wesentlicher Bestandteil der Therapie eines Gestationsdia­betes“, erklärt Professor Dr. Michael Hummel aus München, ebenfalls Sprecher der AG Diabetes und Schwangerschaft. Doch Blutzuckermessgeräte sind für nicht mit Insulin behandelte Frauen nicht erstattungsfähig. „Das ist weder aus medizinischer noch aus gesundheitsökonomischer Sicht nachvollziehbar.“

In einer aktuellen Stellungnahme spricht sich die Deutsche Dia­betes Gesellschaft erneut dafür aus, Blutzuckermessgeräte für alle Patientinnen mit Gestationsdia­betes mellitus in den Hilfsmittelkatalog des GKV-Spitzenverbandes auf­zunehmen, unabhängig von der Therapieform. Die im Vergleich relativ geringen Kosten für die Erstattung eines Messgerätes stünden in keiner Relation zu den möglichen Folgekosten für das Gesundheitswesen und den Folgeschäden durch Komplikationen bei Mutter und Kind.

Quelle: Pressemitteilung – Deutsche Diabetes ­Gesellschaft