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Die Folgen des Kiffens für die Lunge sind noch weitgehend ungeklärt

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Ob aus medizinischen Gründen oder zum Spaß: Der Cannabiskonsum nimmt zu. Ob aus medizinischen Gründen oder zum Spaß: Der Cannabiskonsum nimmt zu. © fotolia/Mitch
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Wer regelmäßig Marihuana raucht, ist meist auch den Zigaretten zugetan. Es lässt sich deshalb nur schwer sagen, welche Konsequenzen das Kiffen für die Lungengesundheit tatsächlich hat. Hysterie scheint aber fehl am Platze zu sein.

Die langfristigen Gesundheitsgefahren, die vom Cannabisrauchen ausgehen, sind weniger gut erforscht als die des Zigarettenqualms. Doch so viel steht fest: Die Effekte, die Tabak und Hanf auf die Lunge haben, weichen zum Teil deutlich voneinander ab. Allein schon beim Rauchvorgang an sich gibt es entscheidende Unterschiede: Cannabis wird gewöhnlich ohne Filter bei höherer Temperatur verbrannt als der Tabak. Außerdem halten Kiffer den Dunst länger in der Lunge als der Zigarettenraucher.

Große Kohortenstudien an Personen, die über Jahre ausschließlich Marihuana rauchten, haben gezeigt: Anders als bei Zigarettenrauchern nimmt das Verhältnis von forciertem expiratorischem Volumen zur forcierten Vitalkapazität (FEV1/FVC) ab – weil die FVC ansteigt. Die Ursache für diesen Effekt sei jedoch unklar, schreiben Luis Ribeiro vom Institute of Clinical Sciences, Imperial College London, und Philip W. Ind vom Hammersmith Hospital, London, in einer Übersichtsarbeit. Möglicherweise, so eine Hypothese, handelt es sich um einen „Trainingseffekt“ durch die besondere Inhalationstechnik beim Cannabisrauchen mit langem Anhalten des Atems. Auch akute antientzündliche und bronchodilatatorische Effekte der Inhaltsstoffe könnten eine Rolle spielen.

Bisher keine Belege für erhöhte COPD- oder Pneumoniegefahr

Andererseits verursacht der Cannabisdunst Symptome einer chronischen Bronchitis wie morgendlichen Husten und Schleimproduktion. Er scheint aber nicht mit Dyspnoe oder irreversiblen Veränderungen der Atemwege assoziiert zu sein. Somit erscheint es nach derzeitigem Kenntnisstand auch unwahrscheinlich, dass sich aus der Entzündung eine COPD entwickeln kann.

Theoretisch könnte bei den Hanfkonsumenten auch die Gefahr einer Lungenentzündung steigen, weil Cannabis immunsuppressive Effekte auf Alveolarmakrophagen aufweist und zu einem Verlust von zilienbesetztem Bronchialepithel führt. Eine erhöhte Pneumonie­inzidenz konnte jedoch nicht bestätigt werden. Aus der Praxis gab es immer wieder Meldungen zu bullösen Lungenveränderungen mit Pneumothorax durch Ruptur von Bullae bei Cannabisrauchern. Publiziert sind dazu jedoch nur wenige Fälle. Eine radiologische Querschnittuntersuchung fand keine Zunahme eines makroskopischen Emphysems.

Kiffen gegen Lungenkrebs?

Auch eine Assoziation des Kiffens mit Lungenkrebs wurde bisher nicht gefunden, obwohl beim Verbrennen von Hanfpräparaten ähnliche Karzinogene freigesetzt werden wie aus dem Tabak. In Bronchialbiopsien von Cannabisrauchern konnten zwar prämaligne Veränderungen identifiziert werden. Doch eine gepoolte Analyse von sechs Fallkontrollstudien fand kein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Hat Cannabis womöglich antineoplastische Effekte?

Sowohl der missbräuchliche oder der Erholung dienende Cannabiskonsum als auch der medizinisch indizierte Einsatz der Droge nehmen derzeit zu. Das sei aber kein Grund für Hysterie, so die Einschätzung der Autoren. Angesichts der Entwicklung sei aber unbedingt mehr Evidenz vonnöten, um die Folgen des Cannabiskonsums besser einschätzen zu können.

Quelle: Ribeiro L, Ind PW. Breathe 2018; 14: 196-205