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Rätselhafte Schreibstörungen Eingeklemmter Nerv lähmt die Daumenadduktoren

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Typisch ist eine Lähmung der Daumenadduktion mit gestörter Feinmotorik und Schreibfähigkeit. (Agenturfoto) Typisch ist eine Lähmung der Daumenadduktion mit gestörter Feinmotorik und Schreibfähigkeit. (Agenturfoto) © iStock/PeopleImages
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Wer die Hand zum Hammer macht, riskiert Schreibstörungen und sensible Ausfälle. Denn dabei gerät der Nervus ulnaris in die Klemme, sodass er eventuell operativ befreit werden muss.

Das distale Kompressionssyndrom des N. ulnaris wird durch einen Engpass zwischen Os pisiforme und dem Fortsatz des Os hamatum im Bereich der Loge de Guyon ausgelöst. Dort verläuft der motorische Ast des Nervs zur Mittelhand und der sensible Ast zum Ring- und Kleinfinger. Eine Schädigung kann durch äußeren Druck entstehen, etwa beim Gehen mit Krücken oder Radfahren, schreibt Dr. Heinrich Binsfeld aus Drensteinfurt. Auch Handwerker, die ihre Hand als Hammer benutzen, sind gefährdet. Ebenso können das Arbeiten mit einem Presslufthammer sowie intensives Musizieren den N. ulnaris ärgern. Als weitere Ursachen für ein Syndrom der Loge de Guyon kommen verschobene Frakturen, Tumoren und Arterienaneurysmen in Betracht.

Diagnose per EMG und Messungder Nervenleitgeschwindigkeit

Erstes Zeichen der Kompression sind meist Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl im Klein- und Ringfinger. Später können chronische Schmerzen oder eine Schwäche der Handmuskulatur auf die Schädigung hinweisen. Typisch ist eine Lähmung der Daumenadduktion mit gestörter Feinmotorik und Schreibfähigkeit. Außerdem kann es zu einer Krallenstellung der Finger 4 und 5 kommen sowie zu einer eingeschränkten Adduktion des kleinen Fingers. Mit Sensibilitätsstörungen am ulnaren Handrücken ist nicht zu rechnen, da sich der Ramus dorsalis bereits vor der Guyon-Loge abspaltet.

Das Beklopfen des Nervs in Höhe des Handgelenks löst ein elektrisierendes Gefühl im Bereich Klein- und Ringfinger aus (Hoffmann-Tinel-Zeichen). Beweisend für das Kompressionssyndrom ist die neurologische Untersuchung. Dabei lässt sich eine isolierte Schädigung des Ramus profundus nachweisen, der bogenförmig in der Hohlhand Richtung Daumenballen verläuft. Gesichert wird die Diagnose mittels Elektromyographie und Nervenleitgeschwindigkeitsmessung. Strukturelle Veränderungen im Bereich der Loge (Zysten, Tumoren etc.) fördert die MRT zutage.

Die Prognose des Syndroms der Ulnarisloge ist günstig. Verschiedene therapeutische Ansätze können die Beschwerden lindern, eventuell sogar eine vollständige Rückbildung erreichen. Eine konservative Behandlung kommt in Betracht, wenn die Erkrankung im Frühstadium erkannt wird. Dann erholt sich der Nerv vielfach bereits durch Schonung. Dazu gehört der Verzicht auf potenzielle Auslöser wie Radfahren und Kampfsport. Auch eine Ruhigstellung mit Gipsschiene oder Castverband kann hilfreich sein.

Innervationsgebiete des N. ulnaris

  • motorisch: Beugung und Seitwärtsbewegung des Handgelenks Richtung Kleinfinger, Beugung des Klein- und Ringfingers, Beugung der Finger im Grundgelenk bei Streckung in den Endgelenken, Spreizen der Finger
  • sensibel: ulnare Handkante einschließlich des Kleinfingers, Ringfingers und im Bereich des Handrückens des halben Mittelfingers

Bei Patienten mit anhaltenden Beschwerden kann eine frühzeitige Operation die irreversible Schwächung der Handmuskulatur verhindern. Die Erfolgschancen der Dekompression lassen sich mit einer Testblockade einschätzen. Dabei wird der auslösende Nerv lokalisiert und der Erfolg des Eingriffs durch eine Betäubung simuliert. Wenn sich die Beschwerden bessern, verhindert die chirurgische Verlagerung eine erneute Kompression. Der Eingriff kann ambulant in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Anschließend muss der Unterarm für drei bis fünf Tage ruhig gestellt werden (Gips, Cast). Wichtig ist eine konsequente Hochlagerung der Hand, um eine Schwellung zu vermeiden oder zumindest zu verringern. 

Quelle: Binsfeld H. Schmerzmedizin 2021; 37: 40-43; DOI: 10.1007/s00940-021-3240-0