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Klimawandel Patientin Erde

DGHO 2023 Autor: Lara Sommer

Der Klimawandel beeinflusst schon heute unseren Alltag und gefährdet die Leben von vielen. Der Klimawandel beeinflusst schon heute unseren Alltag und gefährdet die Leben von vielen. © Celt Studio – stock.adobe.com
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Prof. Dr. Mojib Latif schilderte, wie der Klimawandel schon heute unseren Alltag beeinflusst und Leben gefährdet. Außerdem erklärte er, warum er weiterhin Hoffnung hegt.

„Mit Physik kann man nicht verhandeln und auch keine Kompromisse schließen“, stellte Prof. Dr. Mojib ­Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel, gleich zu Beginn seines Keynote-Vortrags klar. CO2 verweile Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende in der Atmosphäre und verteile sich innerhalb von Wochen rund um den Globus. „Deswegen ist der Ort des Ausstoßes von CO2 völlig irrelevant“, betonte der Klimaexperte. Die Konzentration in der Atmosphäre lag seit mindestens 800.000 Jahren nicht so hoch wie heute.

Ein Hindernis für die Handlungsmotivation bestehe darin, dass man das Treibhausgas nicht sehen oder wahrnehmen könne: „Wir merken nicht, dass etwas Unfassbares passiert.“ Neben der Abstraktheit komme beim Klimawandel noch hinzu, dass alle Länder gemeinsam handeln müssten. Dort hapere es aber noch: „Wenn man sich umblickt, gibt es immer weniger internationale Kooperation, und das sind die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, um dieses Problem zu lösen.“

„Wir sind heute schon bei einer Erwärmung von ungefähr 1,2 Grad“, mahnte Prof. ­Latif. Der Temperatur­unterschied zwischen einer Eiszeit und einer Warmzeit betrage zum Vergleich 4 °C. Das Nordpolargebiet erwärme sich doppelt so schnell wie der Weltdurchschnitt, und auch hierzulande betrüge der Temperatur­anstieg bereits 1,8 °C. Er zeigte die Entwicklung an den durchschnittlichen Tagen mit mindestens 30 °C auf: „Während wir früher nur wenige Hitzetage pro Jahr hatten, haben wir heute in einigen Regionen schon 10 oder sogar 20.“ Vergangenen Sommer habe die Temperatur in Hamburg erstmals mehr als 40 °C erreicht, und vor 1980 sei dies in ganz Deutschland nicht vorgekommen. 

Der Klimawandel hat Folgen

Die WHO bezeichnete den Klimawandel in einem Bericht von 2021 als größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit. Hitze und andere Extremwetterereignisse wirkten sich auch konkret auf den Körper aus: „Wir haben in Deutschland schon jetzt jedes Jahr mehrere tausend Hitzetote.“ Selbst in diesem Sommer ohne außergewöhnlich hohe Temperaturen habe das RKI mindestens 3000 Todesfälle registriert. Es leiden besonders alte und vorerkrankte Menschen sowie Kinder. Allgemein treffe jede Krise die Schwachen der Gesellschaft besonders hart.

Der Referent geht davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel von Paris mit Sicherheit verfehlt wird: „Theoretisch könnten wir es noch schaffen, aber wir werden nicht von heute auf morgen die Weltwirtschaft umbauen.“ Selbst unter zwei Grad zu bleiben erfordere drastische Emissionsreduktionen, die sich auch nach der Corona-Pandemie nicht abzeichnen. Spätestens bis 2080 müsste der CO2-Ausstoß auf Null sinken. „Sonst werden wir keines der Pariser Klimaziele erreichen“, bringt der Wissenschaftler auf den Punkt. 

Er ist jedoch nicht bereit, die Hoffnung aufzugeben: „Wenn ich überlege, was wir in den letzten 50 Jahren in der Medizin geschafft haben, wäre es ein Witz, wenn uns das nicht gelingt.“ Jetzt käme es auf den politischen Willen an. Nach Ansicht von Prof. ­Latif fehlen weder die potenziellen Energiequellen noch die Technologie oder das Geld, um notwendige Veränderungen zu realisieren. Es bleibe nur eine einfache Frage: „Wollen wir eine Welt mit oder ohne Klimaschutz?“

Quelle:
Latif M. Jahrestagung 2023 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie; Keynote-Lecture „Herausforderung Klimawandel“