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COVID-19 und Depression Fast die Hälfte der Patienten klagt über verstärkte psychische Beschwerden

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Bei vielen Menschen mit Depression verschlechterte die pandemische auch ihre eigene Lage. (Agenturfoto) Bei vielen Menschen mit Depression verschlechterte die pandemische auch ihre eigene Lage. (Agenturfoto) © iStock/eternalcreative
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Die Lockdowns während der Coronapandemie haben wohl den meisten aufs Gemüt geschlagen. Wie sich die Einschränkungen auf depressive Menschen auswirkten, hat ein deutsches Forscherteam untersucht.

Die Lockdowns in Deutschland im Zuge der COVID-19-Pandemie 2020 dauerten jeweils über viele Wochen. Welche Auswirkungen die damit verbundenen Einschränkungen auf das seelische Wohlbefunden generell hatten, wurde in mehreren Studien gut dokumentiert. Dabei handelte es sich aber in der Regel um „gesunde“ bzw. „nicht-klinische“ Reaktionen auf pandemieassoziierte Stressoren, schreiben Dr. Andreas Czaplicki von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe Leipzig und Kollegen. 

Festgestellt wurde auch eine Zunahme von Depressionen während der Pandemie. Wie aber beeinflussten die Einschränkungen Menschen mit einem vorbestehenden depressiven Leiden? Dieser Frage ging das Leipziger Team in einer Studie nach.  Es hatte zunächst in einer anonymisierten repräsentativen Stichprobe in der deutschen Allgemeinbevölkerung im Februar 2021 – während des zweiten Lockdowns – 5.135 Teilnehmer gefragt, ob bei ihnen eine depressive Erkrankung vorlag. Immerhin 1.038 (20,2 %) bejahten die Frage. Bei dieser Gruppe führten die Forscher weitere Analysen durch.

Beinahe die Hälfte der Betroffenen (49 %) berichtete, dass die Maßnahmen gegen die Pandemie ihre Erkrankung negativ beeinflusst hätten. So traten bei jeweils etwa einem Fünftel neue depressive Episoden auf (18 %) oder vorhandene Symptome verschlechterten sich (20 %). Fast jeder Zehnte (9 %) gab Suizidgedanken an, und immerhin vier hatten tatsächlich einen Selbstmordversuch unternommen. Mehr als ein Drittel (n = 394) erklärte, die Behandlung ihrer Depression sei erschwert gewesen, etwa weil Klinikbetten vorsichtshalber nicht belegt wurden oder psychiatrische Praxen geschlossen blieben oder Treffen von Selbsthilfegruppen abgesagt waren. 

598 der Depressiven hatten den Lockdown vorwiegend in häuslicher Isolation verbracht. 58 % derer erklärten, dass sich dadurch ihr Lebensstil verändert habe, so war bei 67 % von ihnen die gesamte Struktur des Tagesablaufs gestört

Die Nutzung digitaler Angebote stieg enorm

Andererseits nahmen 15 % der Betroffenen erstmals Konsultationen mit ihrem Arzt oder Psychotherapeuten via Telefon oder Video wahr. Ebenso nutzen die Kranken häufiger digitale Angebote wie „iFightDepression“: So nahm die Zahl der registrierten Nutzer des internetbasierten Selbsthilfeprogramms im Lockdown um etwa das Vierfache zu.

Besonders für die verletzliche Gruppe depressiver Patienten sei es wichtig, Nutzen und Risiko von Einschränkungen des öffentlichen Lebens abzuwägen: Der Zugang zu Gesundheitsprofis müsse auch in Pandemiezeiten gewahrt bleiben, mahnen die Autoren.

Quelle: Czaplicki A et al. Front Psychol 2022; 13: 789173; DOI: 10.3389/fpsyg.2022.789173


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