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Pandemie Seelische Berg- und Talfahrt

Autor: Friederike Klein

Probanden der beiden nicht-resilienten Gruppen haben zu keiner Zeit der Pandemie das Niveau in den resilienten Gruppen erreicht. Probanden der beiden nicht-resilienten Gruppen haben zu keiner Zeit der Pandemie das Niveau in den resilienten Gruppen erreicht. © iStock/FilippoBacci
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Den psychischen Auswirkungen der Pandemie konnte sich wohl niemand entziehen. Forscher haben nun analysiert, wie es Menschen in Deutschland ergangen ist.

Die longitudinale Langzeitstudie LORA (Longitudinal Resilience Assessment) ist eine Kooperation der Universitätsmedizin und des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) in Mainz. Gestartet wurde das Projekt bereits vor der COVID-19-Pandemie. Insofern kann es Antworten geben auf Fragen, die sich mit den Auswirkungen der letzten Jahre auf die Resilienz bzw. die psychische Belastung in der Bevölkerung beschäftigen. In Bezug auf die seelischen Auswirkungen der Pandemie zeichnen sich drei Gruppen von Menschen ab. 82,6 % der Befragten waren vom Beginn der ersten Infektionswelle an resilient. Sie zeigten hinsichtlich der Mittelwerte nach dem Global Health Questionnaire (GHQ-28) kaum Veränderungen. 9,0 % gaben in der ersten Welle zunächst eine Verschlechterung ihres Befindens an, ab Mai 2020 trat dann eine Besserung ein. Ähnlich war der Verlauf auch bei den folgenden Infektionswellen. 8,4 % der Befragten wiesen eine verzögerte Dysfunktion auf. Diese trat erstmals nach Abklingen der ersten Welle und nach Ende des ersten Lockdowns zutage.

Probanden der beiden nicht-resilienten Gruppen haben zu keiner Zeit der Pandemie das Niveau in den resilienten Gruppen erreicht. Sie sollten daher im Fokus etwaiger Interventionen stehen, so Prof. Dr. Klaus Lieb vom LIR und der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz.

Risikofaktoren für eine Dysfunktion in der Pandemie sind ausgeprägter Medienkonsum, ständiges Grübeln über das Virus und die Pandemie, Sorgen um persönliche Konsequenzen aus der Pandemie, psychische Vorerkrankung und weibliches Geschlecht.

Als Schutzfaktoren haben sich folgende Situationen und Eigenschaften erwiesen:

  • geordnete Tagesstruktur (inkl. Bewegung, Ernährung, Schlaf)
  • Fähigkeit, in der Krise auch etwas Positives zu sehen und potenzielle Chancen zu ergreifen (positiver Reappraisal-Stil)
  • höheres Alter
  • gute finanzielle Situation und hoher Bildungsgrad

Doch auch wer sich mit der Materie auskennt, ist nicht per se davor gefeit, unter der Coronapandemie zu leiden, berichtete Prof. Lieb. Am LIR gebe es ein spezielles Programm, über das Mitarbeiter des Hauses, die Anzeichen von Disstress aufweisen, ambulant eine kontinuierliche Unterstützung zur Stärkung der Resilienz erhalten. „Das läuft sehr gut.“

Quelle: DGPPN*-Kongress 2021

* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V.