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Pankreatogener Diabetes Fehldiagnose mit fatalen Folgen

Autor: Dr. Judith Lorenz

Ein Diabetes auf Basis einer ex­okrinen Pankreasfunktionsstörung verläuft deutlich ungünstiger als ein klassischer Typ-2-Diabetes. Ein Diabetes auf Basis einer ex­okrinen Pankreasfunktionsstörung verläuft deutlich ungünstiger als ein klassischer Typ-2-Diabetes. © iStock/ mi-viri
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 Ein Diabetes als Folge einer exokrinen Pankreasinsuffizienz verläuft in vielerlei Hinsicht schwerer als ein klassischer Typ-2-Diabetes: Die Betroffenen benötigen häufiger eine Insulintherapie, erleben öfter mikro- und makrovaskuläre Komplikationen sowie Hypoglykämien und haben ein höheres Sterberisiko.

Ein pankreatogener Diabetes, auch „Diabetes Typ 3c“ genannt, entsteht, wenn im Zuge einer exokrinen Pankreasdysfunktion auch die endokrine Achse leidet, berichten Forschende um Nami Lee von der Ajou University im südkoreanischen Suwon. Am häufigsten liegt ihm eine chronische Pankreatitis zugrunde. Weitere Ursachen sind die zystische Fibrose sowie Pankreasmalignome. In der Praxis werde der pankreatogene Diabetes häufig nicht erkannt und stattdessen als Typ-2-Diabetes fehldiagnostiziert. Die Wissenschaftler*innen untersuchten in einer bevölkerungsbasierten retrospektiven Kohortenstudie, wie sich der klinische Verlauf der beiden Krankheitsbilder unterscheidet. Hierzu identifizierten sie mithilfe von Daten der nationalen Gesundheitsversicherung Südkoreas 157.523 Bürger*innen, bei denen zwischen 2012 und 2017 ein Diabetes diagnostiziert worden war. In 153.894 Fällen lag ein klassischer Typ-2-Diabetes vor, die Betroffenen hatten also keine begleitende Pankreaserkrankung. In 3.629 Fällen wurde dagegen ein pankreatogener Diabetes diagnostiziert, da sich die Zuckerstoffwechselstörung infolge einer Pankreaserkrankung entwickelt hatte.

Die Teilnehmenden waren im Schnitt 57,6 Jahre alt und wurden nach der Diabetesdiagnose durchschnittlich 4,2 Jahre nachbeobachtet. Unter Berücksichtigung zahlreicher potenzieller Störvariablen ergab sich für den pankreatogenen Diabetes im Vergleich zum Typ-2-Diabetes nach fünf Jahren eine um 38 % höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Patient*innen eine Insulintherapie benötigen. Auch im Hinblick auf das Hypoglykämierisiko waren die Personen mit einer exokrinen Pankreasinsuffizienz signifikant im Nachteil (Odds Ratio, OR, 1,85).

Pankreatogener Diabetes begünstigt auch Gefäßschäden

Die Analyse der mikrovaskulären, chronischen Diabeteskomplikationen ergab: Ein pankreatogener Dia­betes ging im Vergleich zum Typ-2-Diabetes mit einem signifikant höheren Risiko für Neuropathie (OR 1,38), Nephropathie (OR 1,38) und Retinopathie (OR 1,10) einher. Er begünstigte zudem makrovaskuläre Langzeitschäden wie die koronare Herzerkrankung (OR 1,59), zerebrovaskuläre Erkrankungen (OR 1,38) sowie die periphere Arterienerkrankung (OR 1,34). Zudem hatten die Patient*innen mit pan­kreatogenem Diabetes eine um den Faktor 1,74 erhöhte Mortalität.

Ein Diabetes auf Basis einer ex­okrinen Pankreasfunktionsstörung nimmt demnach offenbar einen deutlich ungünstigeren Verlauf als ein klassischer Typ-2-Diabetes, schlussfolgern die Forschenden. Weitere Studien müssten nun ihrer Ansicht nach klären, ob sich die Beobachtungen auch auf andere ethnische Populationen außerhalb von Korea übertragen lassen.

Quelle: Lee N et al. Diabetes Care 2022; DOI: 10.2337/dc21-1659