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Fibromuskuläre Dysplasie als seltene Ursache einer Hypertonie

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Die fibromuskuläre Dysplasie tritt häufig bei jungen Frauen auf. Die fibromuskuläre Dysplasie tritt häufig bei jungen Frauen auf. © wikimedia/Zeina AR, Vladimir W, Barmeir E. (CC BY 2.0)
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Hinter einem Bluthochdruck steckt meistens eine primäre Hypertonie. Dennoch darf man sekundäre Formen nicht vergessen. Das zeigt das Beispiel einer jungen Schweizer Patientin.

Der Fall beginnt im Jahr 2014, als ein Hausarzt bei seiner damals 37-jährigen Patientin erstmals einen erhöhten Blutdruck um die 170/90 mmHg misst. Die zu Hause gemessenen Werte lagen ähnlich hoch. Ansonsten war die Frau gesund, nahm keine Medikamente ein, rauchte nicht und war mit einem BMI von 23,8 kg/m2 nicht einmal übergewichtig. Die Familienanamnese ergab keine Auffälligkeiten.

Der Kollege überwies sie an die Hirslanden-Klinik in Zürich, wo Dr. Murat Yilmaz vom Institut für Innere Medizin und Nephrologie und seine Kollegen die genaue Ursache herausfinden sollten. Stationär konnten sie die erhöhten Druckwerte bestätigten. Aber sowohl körperliche Untersuchung, EKG, Karotis-Duplexsonographie als auch transthorakale Echokardiographie blieben unauffällig. Die Laborwerte lagen im Normbereich, einschließlich der Nierenwerte und der Konzentrationen von Renin, Cortisol, Metanephrin und Aldosteron.

Stenose in der Nierenarterie entdeckt

Nun aber kam der Casus knacksus: Bei einer GFR von 92 ml/min/1,73 m² ließ sich im Spontan­urin eine Makroalbuminurie (Albumin-Kreatinin-Quotient 210,8 mg/mmol) feststellen. Daraufhin erweiterten die behandelnden Ärzte ihre Diagnostik um eine farbkodierte Duplexsono der Nieren und eine Nierenangiographie. Dabei fanden sie dann eine linksseitige, fibromuskuläre Dysplasie der Nierenarterie mit beschleunigtem Blutfluss und einer geschätzt 50- bis 70%igen Stenose. Eine solche dysplastische Stenose ist weder inflammatorisch noch atherosklerotisch bedingt und macht in der Literatur etwa jede 10. bis 20. Renalis-Verengung aus.

Zunächst versuchten die Ärzte, den renalen Hochdruck medikamentös mit einem ACE-Hemmer und einem Kalziumkanalblocker einzustellen. Das beeindruckte den Druck aber eher weniger. Weitere Medikamente lehnte die Patientin ab. Daraufhin entschlossen sich die Ärzte vor Ort zu einer perkutanen Ballonangioplastie und legten außerdem einen Stent in die linke A. renalis. Unmittelbar nach der Intervention normalisierte sich der Blutdruck und die Medikamente konnten abgesetzt werden.

Das hielt aber nicht lang an: In den folgenden zwei Jahren mussten In-Stent-Stenosen insgesamt drei Mal dilatiert werden. Auf den chirurgischen Bypass verzichtete man aufgrund der fibromuskulären Dysplasie. Nach einem interdisziplinären Konsil entschied man sich im November 2016 dafür, perkutan einen zweiten Stent in den ersten einzusetzen. Etwa ein Jahr lang blieb die Patientin normotensiv und benötig­te keine Antihypertensiva.

Im Dezember 2017 war der Druck aber wieder in alten Höhen angekommen – trotz erneut gestarteter Pharmakotherapie. Zusätzlich zeigte sich im CT eine linksseitige Schrumpfniere (Längsdurchmesser 8,5 cm), die sich in der seitengetrennten Tc-Szintigraphie als funktionslos darstellte. Da die Patientin eine medikamentöse Therapie ablehnte, erfolgte Anfang 2018 die linksseitige Nephrektomie ohne peri- oder postoperative Komplikationen. Die Patientin blieb in der Folge beschwerdefrei mit einem Blutdruck um die 120/72 mmHg. Die histologische Untersuchung des Organs zeigte das Ausmaß des entstandenen Nierenschadens: eine herdförmige Hyalinose, Glomerulosklerose, interstitielle Fibrose, tubuläre Atrophie und eine Intimamyofibrose.

Sekundäre Hypertonien sind zwar selten, man sollte mögliche Auslöser dennoch auf dem Schirm haben, betonen Dr. Yilmaz und Kollegen. Tatsächlich ist die Niere bei bis zu 45 % der Patienten mit sekundärer Hypertonie verantwortlich – entweder wegen einer Stenose der zuführenden Blutgefäße oder einer Erkrankung des Parenchyms. 

Generelle Hinweise auf eine sekundäre Hypertonie

  • therapieresistenter Hochdruck trotz Verwendung von drei Hypertonie-Substanzklassen, einschließlich eines Diuretikums
  • schnell ansteigende Blutdruckwerte bei zuvor normotensivem Zustand
  • Alter unter 30 Jahre
  • negative Familienanamnese
  • generalisierte Arteriosklerose
  • gleichzeitig bestehende ­Elektrolytstörungen

Stenteinlage hat sich als nicht Erfolg versprechend erwiesen

Zur Therapie der renalen fibromuskulären Dysplasie gibt es keine Standardempfehlung, lediglich Expertenmeinungen, die etwa dem beschriebenen Vorgehen entsprechen:
  • ACE-Hemmer ggf. kombiniert mit einem Antihypertensivum
  • auf der nächsten Stufe folgt die perkutane Revaskularisation (v.a. bei einer unilateralen fibromuskulären Dysplasie)
  • bleibt die perkutane Intervention wiederholt ohne Erfolg, besteht die Möglichkeit der arteriellen Revaskularisation über einen Bypass. Bei funktionsloser/geschädigter Niere ist auch die Nephrektomie eine kurative Option – allerdings nicht der Goldstandard.
State of the Art für den perkutanen Eingriff ist mittlerweile die perkutane transluminale Angioplastie ohne Stenteinlage, da sich diese als nicht Erfolg versprechend erwiesen hat.

Quelle: Yilmaz M et al. Swiss Med Forum 2020; 20: 752-755; DOI: 10.4414/smf.2020.08504