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DRESS-Syndrom Gefürchtet und komplex

Autor: Alexandra Simbrich

Ein DRESS manifestiert sich sehr häufig an der Haut. Es kann aber auch andere Organe befallen. Ein DRESS manifestiert sich sehr häufig an der Haut. Es kann aber auch andere Organe befallen. © Science Photo Library/ Marazzi, Dr. P.
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Das DRESS*-Syndrom gilt als das Chamäleon unter den schweren Arzneimittelreaktionen. Zum einen wegen seines vielschichtigen Erscheinungsbildes und zum anderen können die Initialsym­ptome verschiedene Erkrankungen vortäuschen. Das erschwert die Dia­gnose der seltenen, aber potenziell tödlichen Erkrankung, schreiben PD Dr. Khalaf Kridin vom Institut für experimentelle Dermatologie der Universität zu Lübeck und Kollegen. Aktuelle europäische Daten geben einen statistischen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge, was Patienten und Verlauf betrifft.

In ihre retrospektive Auswertung schloss das Team 141 Fälle aus acht Behandlungszentren ein – darunter auch Zentren des europäischen Netzwerks ERN-Skin, die im Rahmen der ToxiTEN-Gruppe schwere kutane Arzneimittelreaktionen untersuchen. Alle Betroffenen hatten zwischen 2016 und 2020 wahrscheinlich oder sicher ein DRESS-Syndrom entwickelt (RegiSCAR-Score ≥  4). Der Durchschnittspatient war 52,8 Jahre alt und (zu 58,9 %) weiblich. Im Median trat die Reaktion 24,5 Tage nach Erstexposition auf, je nach Arzneimittelklasse variierten die Latenzzeiten allerdings deutlich. In 78 % der Fälle kam es zu einem morbilliformen Exanthem als kutane Manifestation. Im Schnitt dehnte sich die Hautreaktion über zwei Drittel der Körperoberfläche aus. 42 % der Patienten zeigten eine Erythrodermie. Die Schleimhaut war bei jedem Vierten beteiligt. 

Antikonvulsiva häufigster Auslöser in der Auswertung 

Systemisch litten die Betroffenen oft an grippeähnlichen Symptomen wie Fieber (82,9 %) und Lymphknotenschwellung (54,6 %). DRESS wirkte sich zudem auf innere Organe wie Leber (81,6 %) und Nieren (39,7 %) aus. In 99 % der Fälle ließ sich der medikamentöse Auslöser identifizieren: Am häufigsten trat die Reaktion nach Einnahme von Antikonvulsiva (24 %) und Sulfonamiden (22 %) auf. Auf Platz 3 folgten Betalaktam­antibiotika (17 %). 

Insgesamt erstreckte sich die Behandlung über knapp 70 Tage – zehn davon verbrachten die Patienten im Krankenhaus. Bei etwa einem Drittel kam es zu einem schweren Krankheitsverlauf (inkl. systemischer Beteiligung), 21 brauchten eine intensivmedizinische Betreuung. Kortikosteroide waren immer das Mittel der Wahl – oft systemisch und topisch. Die Gesamtmortalität der Kohorte lag bei knapp 7 %. 

Ein Alter ≥ 57 Jahre, eine Nierenbeteiligung und die intensivmedizinische Betreuung waren mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Zu einem Rezidiv kam es bei 8,5 % der Fälle und jeder Achte trug andere autoimmunologische Folgen davon. Die Forscher betonen den dringenden Bedarf an diagnostischen und prognostischen Scores sowie an einheitlichen Behandlungsrichtlinien, für die mehr klinischen Studien notwendig sind. 

*    Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms

Quelle: Kridin K et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; doi: 10.1111/jdv.18808