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Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom Gendern im Schlafzimmer

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Haben sich Frauen endlich zur CPAP- Therapie durchgerungen, sind sie im Vergleich zu Männern adhärenter. Haben sich Frauen endlich zur CPAP- Therapie durchgerungen, sind sie im Vergleich zu Männern adhärenter. © iStock/grandriver
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Mit dem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom verbindet man unwillkürlich den übergewichtigen schnarchenden Mann mit Hypertonie. Das Krankheitsbild betrifft aber durchaus auch Frauen – bei ihnen verzögern vermeintlich atypische Symptome oft die Diagnose.

Nach neueren Daten leiden 13 % der Männer und 6 % der Frauen zwischen dem 30. und 70. Lebensjahr an einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Die Prävalenz steigt mit dem Alter, bei Frauen nach dem 40. Lebensjahr jedoch stärker als bei Männern. Auch der Schweregrad des OSAS, gemessen anhand des Apnoe-Hypo­pnoe-Index (AHI), nimmt mit dem Alter bei beiden Geschlechtern zu.

Übergewicht ist ein bedeutsamer Risikofaktor, betonen Professor Dr. Maritta Orth von der Medizinischen Klinik III, Theresienkrankenhaus und St. Hedwig Klinik Mannheim, und Professor Dr. Kurt Rasche vom Bergischen Lungenzentrum am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. In einer Studie mit extrem übergewichtigen Frauen (BMI 40,7 ± 1,4 kg/m2) fand sich in 37,9 % der Fälle ein pathologischer Respirationsstörungsindex, d.h. die Zahl der Unterversorgungs-Episoden pro Stunde lag bei über 5.

Doch auch jüngere und normalgewichtige Frauen können an einem OSAS leiden, was aber häufiger übersehen wird. Veränderungen der kraniofazialen Morphologie wie Retrognathie, große Zunge oder Tonsillen können hierbei als Risikofaktoren eine Rolle spielen. Die Inspektion von Mundhöhle und Rachen gehört deshalb zur Untersuchung dazu.

Frauen nach der Menopause häufiger betroffen

Bei Frauen hängt die Häufigkeit des OSAS stark vom hormonellen Status ab. Postmenopausale Frauen weisen dreimal häufiger als prämenopausale einen AHI > 15 auf. Es gibt Hinweise darauf, dass eine Hormonersatztherapie die Prävalenz auf ein prämenopausales Niveau senkt. Dies könnte unter anderem auf die Wirkung von Progesteron auf die Funktion der Dilatatoren im Oropharynxbereich zurückzuführen sein (s. Kasten).

Was die Anatomie ausmacht

Dass Frauen seltener ein OSAS bekommen als Männer, lässt sich mit Unterschieden in der kraniofazialen Anatomie und der Fettverteilung sowie mit hormonellen Faktoren erklären. Anatomisch haben Männer eine längere Zunge, einen größeren weichen Gaumen und insgesamt längere obere Atemwege, was sie anfälliger macht für Obstruktionen der oberen Atemwege. Auch Unterschiede in der Funktion tragen dazu bei, insbesondere ein höherer Widerstand in den oberen Atemwegen, unter anderen bedingt durch eine geringere Aktivität von dilatierenden Muskeln im Oropharynxbereich. Steigt das Körpergewicht, lagert sich Fett bei Männern vor allem im Bereich von Hals und obererer Thoraxhälfte ab, wo es die Obstruktionsneigung verstärkt. Frauen entwickeln Fettpolster vor allem im Hüftbereich. Auch die Hormone bieten den Damen einen gewissen Schutz. Insbesondere Progesteron verstärkt die muskuläre Dilatation im Oropharynx und wirkt zudem zentral atemstimulierend.

Auch in der Schwangerschaft können vermehrt Atemstörungen auftreten. Diese gehen u.a. mit einem erhöhten Risiko für eine Kardiomyopathie der werdenden Mutter, Präeklampsie, Eklampsie, Müttersterblichkeit, Frühgeburtlichkeit und niedrigem Geburtsgewicht einher. Auf die Entwicklung eines OSAS sollte vor allem bei Schwangeren geachtet werden, die schon vor der Gravidität übergewichtig waren. Während sich Männer mit OSAS primär mit der klassischen Trias aus Schnarchen, schlafbezogenen Atemstillständen und Tagesschläfrigkeit präsentieren, fallen Frauen überwiegend durch Beschwerden auf, die an eine Insomnie oder Depression denken lassen: morgendliche Kopfschmerzen, ausgeprägte Tagesschläfrigkeit, eingeschränkte Lebensqualität oder Ein- und Durchschlafstörungen. Schlafbezogene Atemstörungen und Schnarchen bleiben oft unbemerkt, weil es keinen Bettpartner an der Seite der meist älteren Patientinnen mehr gibt, dem diese Symptome auffallen würden. Seltener als bei Männern spielt bei den Frauen Alkoholkonsum eine Rolle, häufiger findet sich dagegen ein gastroösophagealer Reflux. Wenn sie darüber klagen, sollte auch eine schlafmedizinische Untersuchung erfolgen. Insgesamt führt die oft atypische Symptomatik bei Frauen dazu, dass bis zu zehn Jahre vergehen, ehe die Diagnose eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms gestellt wird. Im Schlafprofil von Frauen mit OSAS finden sich mehr Hypopnoen als Apnoen (70:30), während Männer ein Verhältnis von 50:50 aufweisen. Apnoen beschränken sich bei weiblichen Betroffenen meist auf die REM-Schlaf-Phasen. Ein REM-Schlaf-assoziiertes OSAS beobachtete man in einer Untersuchung bei 62 % der Frauen und 24 % der Männer. Außerdem kennzeichnen kürzere Apnoephasen, weniger konsekutive Sauerstoffentsättigungen, eine längere Schlaflatenz und ein höherer Tiefschlafanteil das weibliche OSAS. Subjektiv empfinden betroffene Frauen jedoch ihre Schlafqualität als schlechter.

Protrusionsschiene bessert AHI stärker als bei Männern

Die Erfahrung zeigt, dass Frauen sich schwerer tun, eine CPAP-Therapie zu akzeptieren. Doch wenn sie sich dazu durchgerungen haben, zeigen sie eine bessere Therapietreue als Männer. Auch die Kieferpro­trusionsschiene, die bei Problemen mit der CPAP-Therapie zum Einsatz kommt, erwies sich bei Frauen mit OSAS aller Schweregrade als erfolgreicher in der Besserung des AHI als bei Männern.

Quelle: Orth M, Raschke K. internistische praxis 2021; 64: 213-230