Anzeige

Keine Angst vor Zusätzen in Kosmetika

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Zusätze in Kosmetika haben einen schlechten Ruf –  manchmal aber auch zu Unrecht. Zusätze in Kosmetika haben einen schlechten Ruf – manchmal aber auch zu Unrecht. © iStock/forest_strider
Anzeige

Was Kosmetika und ihre Zusatzstoffe angeht, wird in den Medien immer wieder Panik geschürt. Zeit, sich das Sicherheitsprofil der wichtigsten Substanzen noch einmal genau anzusehen.

Den richtigen Wirkstoff im richtigen Träger an den richtigen Ort bringen: Das ist die Kunst der topischen Therapie. Und die Vehikel haben großen Anteil am Effekt einer aufgetragenen Substanz, betont Professor Dr. Johannes Ring von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München.1 Vier der meistverwendeten „Beigaben“ haben internationale Forscher mit Blick auf die Sicherheit nun unter die Lupe genommen.

Mineralöle und Wachse werden aus Petroleum hergestellt und dienen in Hautcremes oder Lippenpflegestiften vor allem als Feuchtigkeitsspender.2 Sie enthalten zum Großteil gesättigte und zu einem sehr kleinen Anteil aromatische Kohlenwasserstoffe. Zu Letzteren gehören auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) mit einem potenziell karzinogenen und geno­toxischen Potenzial.

Mineralöle gerieten in die Schlagzeilen, weil man eine Kontamination von Nahrungsmitteln durch Verpackungen nachweisen konnte. Für Kosmetika erfolgt aber – zumindest in Europa – eine so gründliche Reinigung, dass PAK darin so gut wie nicht mehr nachweisbar sind. Entsprechende Untersuchungen zeigen außerdem, dass die Topika kaum absorbiert werden, was eine systemische Gefährdung praktisch ausschließt. Auch bei Lippenpflegeprodukten ist keine Toxizität zu erwarten, solange das Produkt den europäischen Qualitätsstandards entspricht. In Studien gab es keine Hinweise für eine Toxizität, Karzinogenität oder Mutagenität, unabhängig von der Art der Aufnahme.

Titandioxid-Nanopartikel (mit Aluminium oder Silica ummantelt) finden als mineralischer UV-Filter u.a. in Tagescremes, Lippenpflegestiften und Grundierungen Verwendung.3 Trotz ihrer geringen Größe durchdringen sie Untersuchungen zufolge weder die basale Epidermisschicht noch gelangen sie ins Blut. Es gibt auch keine Hinweise auf Mutagenität oder reproduktive Toxizität. Ein schädliches Potenzial ermittelte man für Ratten nach Inhalation hoher Dosen.

Formulierungen, bei denen die Substanzen in die Lunge geraten könnten, z.B. Sprays, sollten daher sicherheitshalber nicht genutzt werden. Was die Verträglichkeit angeht, ordnet der wissenschaftliche Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS) die Partikel in einer Konzentration bis 25 % als „Non-Sensitizer“ und höchstens mild-irritativ für die Haut ein.

Eines der bestverträglichen Konservierungsmittel

Seit Jahrzehnten befindet sich Phenoxyethanol als Konservierungsmittel auf dem Markt, z.B. in Vakzinen, Parfüms, Kosmetika oder Handdesinfektionsmitteln mit maximal 5%iger Konzentration.4 Der Alkohol besitzt eine hohe antimikrobielle Aktivität gegen grampositive und -negative Bakterien sowie gegen Hefen. Unerwünschte systemische Wirkungen gab es in Tierstudien lediglich unter etwa 200-fach höherer Konzentration als der von Menschen genutzten. Nach Auswertung aller vorhandenen Daten kommt das SCCS zu dem Schluss, dass Phenoxyethanol Konzentrationen bis 1 % (maximal verwendeter Anteil in Kosmetika) für alle Verbraucher inklusive Kinder jeden Alters sicher ist. Sensibilisierungen treten äußerst selten auf. Es gilt als eines der bestverträglichen Konservierungsmittel für die Haut.

Der chemische UV-Filter Octocrylen agiert entweder als direkter Sonnenschutz oder wird Kosmetika als solcher hinzugefügt. Er geriet unter Verdacht als endokriner Disruptor. Dafür gibt es aber keinerlei Evidenz. Und auch sonst lassen sich in den zugelassenen Konzentrationen bis 10 % in den verwendeten Darreichungsformen keine Gefährdungspotenziale finden.

Kontaktallergien sind äußerst selten und betreffen in der Regel vorwiegend Kinder. Rechnen muss man mit photoallergischer Reaktion bei etwa 4 % der erwachsenen Nutzer. Sie betreffen in erster Linie Menschen, die bereits auf topisches Ketoprofen sensibilisiert sind, das vor allem in Frankreich, Belgien, Spanien und Italien Verwendung findet.

1. Ring J. J Eur Acad Dermatol Venereol 2019; 33: 3-4; DOI: 10.1111/jdv.15960
2. Chuberre B et al. A.a.O.: 5-14; DOI: 10.1111/jdv.15946
3. Dréno B et al. A.a.O.: 34-46; DOI: 10.1111/jdv.15943
4. Dréno B et al. A.a.O.: 15-24; DOI: 10.1111/jdv.15944
5. Berardesca E et al. A.a.O.: 25-33; DOI: 10.1111/jdv.15945