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Krebserkrankung der Eltern Kinder brauchen ehrliche Gespräche

Autor: Annette Kanis

Nach dem Tod ist eine adäquate Trauerbewältigung entscheidend, gegebenenfalls unterstützt durch therapeutische Hilfsangebote. (Argenturfoto) Nach dem Tod ist eine adäquate Trauerbewältigung entscheidend, gegebenenfalls unterstützt durch therapeutische Hilfsangebote. (Argenturfoto) © iStock/FatCamera
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Haben Eltern Krebs im Endstadium, möchte man deren Kinder am liebsten vor der Wahrheit schützen. Die aber haben ein Recht darauf, dass man über Krankheit und Tod spricht – eine angemessene Offenheit hilft ihnen, mit der Situation klarzukommen.

Kinder wollen Bescheid wissen, wenn einer der Eltern schwer an Krebs erkrankt ist. Das gilt auch, wenn der Zeitpunkt des Todes näher rückt. Es ist falsch, sie vor Kummer und Leid bewahren zu wollen und ihnen die tatsächlichen Gegebenheiten vorzuenthalten, schreiben Alexandra Wray von der Universität in Hull und ihre Kollegen. Die Jungen und Mädchen profitieren vielmehr von ehrlichen und offenen Gesprächen über die Krebserkrankung und den nahen Tod. Sie sind dann auf das Unvermeidliche und die Zeit danach vorbereitet.

Nur wer die Lage versteht, kann sich aktiv einbringen

Im Rahmen einer Übersichtsarbeit hatten die Wissenschaftler 14 Studien ausgewertet, für die Kinder und junge Erwachsene befragt wurden, wie sie die terminale Krebserkrankung und den Tod von Vater oder Mutter sowie die Zeit danach erlebt hatten. Alles in allem flossen so die Erfahrungen von 654 jungen Menschen, die zum Zeitpunkt des Todes eines Elternteils zwischen 4 und 18 Jahre alt waren, aus sechs verschiedenen Ländern in die Auswertung ein.

Die Kinder möchten verstehen, was passiert, schreiben die Studienautoren. Sie wollen sich einbringen und ihre Familie in dieser schweren Zeit aktiv unterstützen. Oft trauen sie sich aber nicht, Fragen zu stellen, aus Angst vor dem Thema oder aus der Sorge heraus, die Eltern zu belasten. Umso wichtiger ist es, dass Ärzte und medizinisches Fachpersonal Vater und Mutter zu dieser verbindenden Kommunikation ermutigen und die betroffenen Kinder unterstützen. Bestimmte Bewältigungsstrategien können in solch einer extremen Situation helfen. Für viele der Befragten war es hilfreich, in dieser Zeit eine gewisse Routine und Normalität im Familienalltag so weit wie möglich aufrechtzuerhalten.

Neben der offenen Kommunikation halfen den Mädchen und Jungen auch die sozialen Netzwerke aus Schule, Vereinen und dem Freundeskreis. Besondere Bedeutung kommt offenbar dem Kontakt zu Mitbetroffenen zu, also zu Kindern, die gleichfalls ein schwer krankes Elternteil haben. Regelmäßig wurde auch Ablenkung als erfolgreiche Bewältigunsstrategie genannt, sei es durch Sport, die Freunde oder mit Freizeitaktivitäten. Außerdem ist es den Kindern und Teenagern wichtig, noch viel gemeinsame Zeit mit dem sterbenden Elternteil zu verbringen.

Nach dem Tod ist eine adäquate Trauerbewältigung entscheidend, gegebenenfalls unterstützt durch therapeutische Hilfsangebote. Als tröstend empfand es der Nachwuchs, bewusst Erinnerungen zu pflegen – durch Fotos, Erinnerungsbücher, Briefe oder ähnliches. Viele Betroffene nannten durchaus positive Aspekte, die sie aus der schweren Erkrankung und dem Tod von Vater oder Mutter ziehen konnten. Sie fühlten sich in ihrer persönlichen Entwicklung besser auf das Erwachsenenleben vorbereitet und gereift in ihrer Persönlichkeit.

Quelle: Wray A et al. BMJ Support Palliat Care 2022; DOI: 10.1136/bmjspcare-2021-003094