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Diabetesmedikation Zusammenhang mit großem ABER

Diabetes Kongress 2023 Autor: Dr. Miriam Sonnet

Mit der Verbesserung der Lebenserwartung von Diabetes Patient:innen kamen auch neue diabetische Komplikationen hinzu. Mit der Verbesserung der Lebenserwartung von Diabetes Patient:innen kamen auch neue diabetische Komplikationen hinzu. © Gecko Studio – stock.adobe.com
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Dass ein Diabetes per se das Risiko, einen Tumor zu entwickeln, erhöht, ist mittlerweile bekannt. Weniger klar stellt sich die Situation für die Diabetesmedikationen dar. Welche aktuellen Erkenntnisse hierzu vorliegen, wurde in einer Session auf dem DDG-Kongress erörtert.

Die Lebenserwartung von Patient:innen mit Diabetes hat sich in den vergangenen Jahren verbessert – damit einher gehen aber neue diabetische Komplikationen wie Infektionen, Leber­erkrankungen und Krebs, erläuterte Dr. ­Maria ­Rohm vom Helmholtz Zentrum München. Generell steigere die Zuckerkrankheit das Tumor­risiko; besonders davon betroffen sind Leber, Darm, Pankreas, Brust und Endometrium. „Spätestens im Jahr 2030 wird Krebs die kardiovaskulären Erkrankungen als primäre Todesursache von Patient:innen mit Typ-2-Diabetes abgelöst haben“, betonte die Referentin. Gibt es aber auch einen Zusammenhang zwischen Medikation und Tumorrisiko?

„Die Antwort ist: ja! Allerdings mit einem großen ABER“, so Dr. Rohm. Festhalten lässt sich, dass vor allem Leber-, Lungen- und Pankreaskrebs bei Personen, die Diabetesmedikamente nehmen, gehäuft auftreten. Das große „Aber“ beziehe sich auf die zahlreichen Therapiemöglichkeiten, die auf unterschiedlichen Mechanismen und Wirkstoffklassen beruhen. 

Studien zu Insulin glargin mit einigen Limitationen

Es gebe darüber hinaus sehr individuell eingestellte Kombinationen und Dosierungen. Auch die Dauer der Einnahme sei bedeutsam. All diese Faktoren müssten Studien miteinbeziehen, was aber in der Vergangenheit nur mäßig gut gelang. Solide Aussagen könne man nur schwer treffen, sagte Dr. Rohm.

Die gute Nachricht: Die meisten Diabetesmedikationen gehen nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko einher. In einer Studie wurde der Zusammenhang lediglich für Langzeitinsuline belegt. Dieses Ergebnis führe zu einer Reihe von Publikationen, die darauf hindeuteten, dass Insulin glargin Tumorrisiko und Mortalität dosisabhängig erhöht. Die darin beschriebenen Untersuchungen hätten allerdings einige Limitationen: Unter anderem war die Einnahmedauer nicht normalisiert worden und die Follow-up-Zeit fiel meist zu kurz aus. Die Schlussfolgerung der EMA lautete daher, dass man aus den ­Daten nicht schließen könne, dass Insulin glargin die Wahrscheinlichkeit für Karzinome beeinflusst.

Hungern gegen Komplikationen

Intervallfasten – z.B. 16 Stunden hungern und acht Stunden essen – wirke sich positiv auf ein metabolisches Syndrom aus, sagte Dr. Rohm. Ein periodisches Hungern verbessere viele Komplikationen wie Mikroalbuminurie und Insulinresistenz bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes. „In Zukunft wird sich zeigen, ob das auch für Krebs relevant sein kann.“ 

Das am häufigsten verabreichte Diabetesmedikament ist Metformin. Mehrere Studien belegen einen positiven Einfluss der Substanz auf das Krebsrisiko, der sich unter anderem in einer verringerten Inzidenz und reduzierten Sterblichkeit widerspiegelt. Die Ergebnisse sind laut Dr. Rohm jedoch auch hier nicht eindeutig, da viele Experimente in Tier- oder Zellkulturmodellen durchgeführt wurden. Neuere Erkenntnisse stützen den positiven Effekt von Metformin auf das Tumorrisiko nicht.

Metaanalysen zu SGLT2-Inhibitoren ergaben keine Assoziation mit Krebs. Für das GLP1-Analogon Semaglutid hingegen liegt ein FDA-­Label vor, das besagt, dass die Substanz in Ratten thyroide C-Zell-Tumoren auslöst. 

Unklar, ob im Menschen nicht sogar positiv assoziiert

Ob das auch für den Menschen gelte, sei unklar. In einer kleinen Studie mit 20 Patient:innen verbesserte Semaglutid die Funktion von NK-Zellen und könnte daher gegen Krebs wirksam sein, wie die Expertin betonte. Sowohl Sema­glutid als auch der duale Agonist Tirzepatid verringern Übergewicht, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für Tumoren beeinflussen könne, so Dr. Rohm. Denn nicht nur Diabetes, sondern auch ein hoher Body-Mass-Index steigere die Gefahr.

Quelle:
Rohm M. Diabetes Kongress 2023; Vortrag „Einfluss der Diabetesmedikation auf das Krebsrisiko“