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Leitlinie: Diagnose und Einteilung der aktinischen Keratosen

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Jeder Zehnte zwischen 60 und 70 Jahren ist von der Präkanzerose, zum Beispiel wie hier im Bereich einer Glatze, betroffen. Jeder Zehnte zwischen 60 und 70 Jahren ist von der Präkanzerose, zum Beispiel wie hier im Bereich einer Glatze, betroffen. © wikimedia/Krizu (CC 4.0)
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Von der Bräune zur Präkanzerose: Aktinische Keratosen beruhen zum größten Teil auf einer UV-Exposition. Ein Expertenteam erklärt, wie die Krebsvorstufen diagnostiziert und eingeteilt werden.

Über alle Altersgruppen hinweg beträgt die Prävalenz der aktinischer Keratosen laut Daten der gesetzlichen Krankenkassen 2,7 %. Bei den 60- bis 70-Jährigen klettert die Zahl auf 11,5 %. Aktuell geht man davon aus, dass sich hierzulande 1,7 Millionen Menschen wegen der Erkrankung in dermatologischer Behandlung befinden.

Intakte Basalmembran als Unterscheidungskriterium

Aktinische Keratosen entstehen in erster Linie auf dem Boden UV-bedingter Schäden, vor allem durch UV-B. Die Strahlen induzieren die Mutation des Tumorsuppressorgens p53. Dieses Gen sorgt nomalerweise für die Apoptose mutierter Zellen. Wird es gestört, proliferieren entartete Zellen unkontrolliert. Je mehr UV-Licht man seine Haut im Lauf des Lebens aussetzt, umso größer ist das Risiko für eine aktinische Keratose in den exponierten Bereichen. Hellhäutige erkranken eher. Seltener kommt es durch Arsen oder „Psoralen plus UV-A“, kurz PUVA, zu ähnlichen Keratosen.

Histologisch handelt es sich um eine Dysplasie von Keratinozyten, erklärt das Leitlinienteam um Professor Dr. Carola­ Berking von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum der Universität München. Die Zellen erscheinen vergrößert, hyper­chromatisch, irregulär und mit atypischem Kern. Der Dysplasiegrad lässt sich anhand der Stadien der keratinozytären intraepidermalen Neoplasie (KIN) einteilen:

  • KIN I: atypische Keratinozyten im unteren Drittel der Epidermis
  • KIN II: die Läsionen erstrecken sich über zwei Drittel der Oberhaut
  • KIN III: Befall der vollen Epidermisdicke Klinisch hat sich die Klassifikation nach Olsen bewährt (s. Kasten).

Klinische Klassifikation nach Olsen

  • Grad I: Leichte/frühe aktinische Keratosen. Einzelne oder wenige, unscharf begrenzte, winzige bis ca. 5 cm große Läsionen. Schwach rötlich, lassen sich besser ertasten als sehen.
  • Grad II: Mittelschwere, fortgeschrittene aktinische Keratosen. Gut sicht- und tastbar, meist weißlich oder rötlich verfärbt, scharf oder unscharf begrenzt. Kratzen führt zu Einblutungen, die dann eine (blau-)schwarze Verfärbung auslösen können.
  • Grad III: Länger bestehende, schwere aktinische Keratosen. Dicke, verruköse Hautwucherungen, fest mit dem Untergrund verwachsen, unregelmäßig-höckrige Oberfläche, unterschiedlich gefärbt (weiß, braun, schwarz).

Quelle: Olsen EA et al. J Am Acad Dermatol 1991; 24: 738-743

Entscheidend für die Abgrenzung zum invasiven Plattenepithelkarzinom ist die intakte Basalmembran. Bei aktinischen Keratosen liegen häufig unterschiedliche Erscheinungsformen dicht nebeneinander.

Diagnose gelingt meist schon per Inspektion und Palpation

Ein Areal mit mehreren aktinischen Keratosen im Umkreis sichtbarer, UV-bedingter Hautschäden (z.B. Teleangiektasien, Atrophie, Pigmentstörungen) wird als Feldkanzerisierung bezeichnet. Die Diagnose gelingt meist schon durch Inspektion und Palpation, bei unklaren Befunden hilft die Dermatoskopie weiter.

Als Berufskrankheit anerkannt

2015 wurden multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen. „Multipel“ heißt dabei: mehr als fünf einzelne Läsionen, die innerhalb von zwölf Monaten diagnostiziert werden, oder eine Feldkanzerisierung von mehr als 4 cm2. Die AK müssen an beruflich exponierten Stellen liegen, eine chronische Lichtschädigung ist keine Bedingung für die Anerkennung als Berufskrankheit. Man sollte aber Hautlichttyp und außerberufliche Risikofaktoren (z.B. Medikamente, Immunsuppression) angeben, um etwa den möglichen Zeitpunkt des Auftretens abschätzen zu können.

Honigwaben unter dem Lasermikroskop

Um subklinische Keratosen zu entdecken oder ein kanzerisiertes Feld zu charakterisieren, eignen sich als nicht-invasive bildgebende Verfahren die konfokale Lasermikroskopie und die optische Kohärenztomographie. Die subklinische aktinische Keratose stellt sich unter dem Lasermikroskop mit einem atypischen Honigwabenmuster dar, die manifeste in der Tomographie mit einem verbreiterten irregulären Stratum corneum und akanthotischer Epidermis. Bei typischen Befunden ist eine Histologie verzichtbar.

Quelle: S3-Leitlinie „Aktinische Keratose und Platten­epithelkarzinom der Haut“, AWMF-Registernummer: 032/022OL, www.leitlinienprogramm-onkologie.de