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Rauchen in der Schwangerschaft Lungenkrebskandidat qua Geburt

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Je früher die Raucherkarriere startet, desto größer das Lungenkrebsrisiko. 
Je früher die Raucherkarriere startet, desto größer das Lungenkrebsrisiko. © Africa Studio- stock.adobe.com
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Abgesehen von einem frühen Einstieg in die Raucherkarriere steigern offenbar weitere Faktoren das Lungenkrebsrisiko, darunter Gene und Exposition in der Schwangerschaft.

Tabakkonsum erhöht das Risiko für Lungenkrebs – und zwar umso stärker, je früher mit der Qualmerei begonnen wurde. Chinesische Forscher setzen noch früher an und untersuchten zudem, welche Folgen eine Exposition im Mutterleib sowie genetische Faktoren haben können.

Für die Analyse griff ein Forscherteam um Heng He von der Huazhong University in Wuhan auf die Daten von fast 433.000 Personen aus der UK Biobank zurück. Die Teilnehmenden hatten in den Jahren 2006 bis 2010 Eingang in das Regis­ter gefunden und waren damals zwischen 40 und 69 Jahre alt. Seit Beginn der Datenerhebung wurden unter ihnen knapp 2.000 Fälle von Lungenkrebs diagnostiziert. Zudem konstruierten die Wissenschaftler auf Basis des International Lung Cancer Consortium einen genetischen Risikoscore, der sich aus 18 verschiedenen potenziellen Mutationen zusammensetzte.

Die Ergebnisse belegen erneut eindrücklich, was zu erwarten war: Je früher die Raucherkarriere startet, desto größer das Lungenkrebsrisiko. So war im Vergleich zu Menschen, die niemals geraucht haben, das Risiko bei Einstieg im Erwachsenenalter 6-fach, im Jugendalter fast 10-fach und im Kindesalter 15-fach erhöht. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich für die Lungenkrebsmortalität.

Noch gravierendere Unterschiede ergaben sich im Zusammenspiel mit Mutationen: Für Raucher mit hohem genetischem Risiko, die bereits als Kind zu Zigaretten gegriffen hatten, war im Vergleich zu Nichtrauchern mit niedrigem genetischem Risiko die Wahrscheinlichkeit für Lungenkrebs um das 18-Fache erhöht, die krankheitsbedingte Mortalität sogar um das 20-Fache. Hatte die Mutter während der Schwangerschaft geraucht, stieg das Risiko für ein Bronchialkarzinom um etwa 60 % (Hazard Ratio 1,59). Betrachteten die Forscher darunter jene Teilnehmer, die zusätzlich ein hohes genetisches Risiko aufwiesen, potenzierten sich die Faktoren: Die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken, lag für sie mehr als doppelt so hoch wie für die Nachfahren nichtrauchender Mütter mit zugleich niedrigem genetischem Risiko (Hazard Ratio 2,35). Die lungenkrebsbedingte Mortalität war in ähnlicher Weise stark erhöht.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Exposition gegenüber Tabakrauch in utero, in der Kindheit und in der Adoleszenz sowie die Interaktion mit genetischen Risikofaktoren das Risiko für eine Lungenkrebserkrankung und -mortalität im Erwachsenenalter erheblich erhöhen können.

Frühe Prävention sollte bei Schwangeren ansetzen

In seinem Editorial weist Prof. Dr. Andrew Bush vom Imperial College in London darauf hin, dass die Studie durchaus Schwächen hat. Doch erhalte sie insbesondere durch die große Anzahl der Teilnehmer enor­mes Gewicht, so der Kommentator. Zudem stellt er den Zusammenhang zu ähnlichen Erkenntnissen bezüglich anderer Lungenerkrankungen her: Auch bei Asthma und COPD zeige sich ihm zufolge immer mehr, dass das spätere Risiko maßgeblich durch Faktoren in der Kindheit beeinflusst werde. Prof. Bush plädiert daher dafür, neben Rauchstoppangeboten für Erwachsene und Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zusätzlich einen Fokus auf die frühe Prävention zu legen. Auf diese Weise könnten Ungeborene, Babys und Kinder besser geschützt werden – denn sie selbst haben keine Möglichkeiten, Einfluss auf ihr zukünftiges Erkrankungsrisiko zu nehmen.

Quellen: 1.    He H et al. Am J Respir Crit Care Med 2022;  DOI: 10.1164/rccm.202112-2758OC / 2.    Bush A. Am J Respir Crit Care Med 2022; DOI: 10.1164/rccm.202208-1537ED